Von Thomas Lähns: Ein Streit um tote Tiere
Tierkörperbeseitigung: Bauern gewinnen die Kreistagsmehrheit gegen Sparpläne des Landes
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Potsdam-Mittelmark – Wenn dem Bauern früher ein Tier wegstarb, kam der Abdecker und nahm den Kadaver mit. Er zahlte sogar dafür, weil sich daraus Leim und Seife machen ließen. Noch heute nimmt die Industrie solche „Rohstoffe“ dankbar entgegen – aber bittet dafür nun die Landwirte zur Kasse. Bislang hatten sich Land, Kreis und die Betriebe die Kosten geteilt, in diesem Jahr will die Landesregierung ihren Anteil von 2,5 Millionen Euro streichen. Der mittelmärkische Kreistag hat den Bauern jetzt den Rücken gestärkt: Nach einer heftigen Debatte verabschiedete das Gremium mehrheitlich eine Resolution der Fraktion Freie Bürger und Bauern, in der die Sparpläne abgelehnt werden.
Das Thema sorgt zurzeit auch auf Landesebene für Streit. Das von den Linken geführte Umweltministerium will die Kofinanzierung aus Sparzwängen streichen und trifft damit sogar in den Reihen des eigenen Koalitionspartners SPD auf Protest. Die Entscheidung trifft letztendlich der Landtag. Bei einer ersten Anhörung haben sich in dieser Woche der Landesbauern- und der Rinderzuchtverband sowie der Landkreistag geschlossen für die Beibehaltung der Drittelfinanzierung ausgesprochen. Die Tierkörperbeseitigung sei eine öffentlich-rechtliche Aufgabe, dadurch werde der Ausbreitung von Tierseuchen vorgebeugt, heißt es nun auch in der mittelmärkischen Erklärung.
Die Entsorgung einer verendeten Kuh kostet zum Beispiel über 200 Euro. Deshalb wird befürchtet, dass die Bauern ihr Vieh künftig lieber auf dem eigenen Hof verwesen lassen, als den vollen Betrag für die fachgerechte Entsorgung zu zahlen. Das berge gesundheitliche Risiken, hieß es im Kreistag. Etwa drei Prozent der Tierbestände verenden durchschnittlich durch schwere Geburten oder Verletzungen. „Das liegt an der Massentierhaltung“, kam im Kreistag der Zwischenruf von den Grünen, die die Erklärung ablehnten. Krankheiten sind bei der Drittelfinanzierung nicht mit eingerechnet, dafür zahlt die Tierseuchenkasse. Immerhin: Der Kreis hat im diesjährigen Haushalt sein Drittel in Höhe von 245 300 Euro eingestellt, auch in der langfristigen Finanzplanung ist der Betrag aufgeführt.
Weitere Gegenstimmen kamen von den Linken: Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen müssten die Entsorgung ihrer Abfälle schließlich auch selbst bezahlen, argumentierte Abgeordnete Andrea Schulz. Dem hielt Wolfgard Preuß, Fraktionschef der FBB und Chef des Kreisbauernverbandes entgegen, dass allein das Land die Preise für die Entsorgung mit den entsprechenden Unternehmen aushandle. Laut Landesbauernverband habe die Landesregierung gerade erst einen zehnjährigen Exklusivvertrag mit der Saria Gmbh, einem der größten Verwerter Deutschlands, unterzeichnet. Diesem Vertrag müssten sich die Bauern nun fügen müssen. „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch“, sagte Preuß. Im Übrigen hinke der Vergleich: Krankenhäuser würden die Müllentsorgung über die Kassen mitfinanzieren, sagte er.
Wie die Bauern erklärten, komme die Drittellösung nicht von ungefähr: Mitte der 1990er wurden im Schatten der BSE-Krise in in der Mark riesige Beseitigungsanlagen in Herzberg (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) und Bresinchen (Spree-Neiße) gebaut. Ein teures Unterfangen, zumal sie ihre Tore bald wieder schließen mussten – aufgrund der geringen Auslastung. Dafür werden die Kadaver nun nach Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gebracht, um dort in den Saria-Werken verarbeitet zu werden – allein der Transport dorthin verschlingt Unsummen.
„Die Beteiligung des Landes war nur als Anschubfinanzierung gedacht, Träger der Seuchenhygiene sind die Kreise“, unterstrich Kreistagsabgeordneter und Landesminister Günter Baaske (SPD). Das Land sei hier nicht in der Verantwortung, sagte er. Das ließ die FBB-Fraktion nicht gelten: Die unrentablen Anlagen und der hohe Transportaufwand seien durch Gesetzesentscheidungen im Land entstanden. In anderen Bundesländern sei die Drittelfinanzierung gang und gäbe, in Baden-Württemberg übernimmt die öffentliche Hand sogar 75 Prozent. Wenn sich das Land Brandenburg zurückzieht, würden märkischen Viehzüchtern erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen.
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