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Von Thomas Lähns: Eine Frage des Stils

Die Beelitzer wählen am Sonntag ihren Bürgermeister. Die Programme sind ähnlich – es geht um die Köpfe

Stand:

Beelitz - Schon vor der Wahl ist Bernhard Knuth vom Beelitzer Bürgerbündnis ein kleines Wunder gelungen: Der 47-jährige Optiker, der am Sonntag Bürgermeister werden will, hat die Mehrheit der Parteien in der Spargelstadt auf sich eingeschworen. Linke, CDU, FDP, Grüne – sie alle stehen hinter Knuth. Ginge es nach ihnen, ist der Wechsel beschlossene Sache. Doch es sind die Bürger, die am 7. März die Wahl haben: Über 10 200 Beelitzer sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Neben Knuth haben sich die 30-jährige Nadine Hofmann als Einzelkandidatin und die 47-jährige Kathrin Wiencek vom Unabhängigen Kommunalbündnis als Nachfolger von Thomas Wardin (SPD) beworben. Der 56-jährige will es nach zwei Amtszeiten indes noch einmal wissen.

Wardin ist Bürgermeister der ersten Stunde und wirbt mit seiner Erfahrung und damit, was in Beelitz seit der Wende geleistet wurde. Seine Verdienste sprechen ihm selbst die politischen Gegner nicht ab, Nadine Hofmann würde als Nachfolgerin sogar eine Straße nach ihm benennen. Die Beelitzer Metamorphose von der grauen Garnisonstadt zum attraktiven Wohn- und Tourismusstandort in der Nieplitz-Niederung ist unübersehbar: Die Altstadt wurde saniert, Straßen erneuert, Schulen ausgebaut und gegen die drohende Schließung verteidigt – das alles war freilich nur durch die Zusammenarbeit von Rathaus, Stadtverordneten und engagierten Bürgern möglich.

Generell ähneln sich die Wahlprogramme der vier Kandidaten: Entwicklung der Infrastruktur, Wirtschaftsförderung, Bürgerbeteiligung und Stärkung des Wir-Gefühls haben sich alle auf die Fahnen geschrieben. Die angeschobenen Projekte müssen umgesetzt werden, sagt Wardin, und erntet kaum Widerspruch. Viele politischen Themen sind unstrittig und bieten wenig Gelegenheit, sich zu profilieren. So geht es schließlich um Köpfe und damit um den Stil, mit dem der Beelitzer Bürgermeister – oder die Bürgermeisterin – künftig die Stadt lenkt.

Bernhard Knuth versteht sich als Konsensdemokrat, der Beelitz „mit den Bürgern“ regieren will. Der Geschäftsmann und Kulturmäzen setzt dabei auf Charisma, Eloquenz und Offenheit. Als Beelitzer Ortsvorsteher und Stadtverordneter kennt er die politischen Spielregeln, als Chef des Kulturvereins hat er schon über 200 Stars und Sternchen an die Nieplitz geholt. Einen Hauch von Weltläufigkeit würde er wohl nicht nur dem Amtszimmer des Bürgermeisters verleihen. Nadine Hofmann möchte indes eher für die Bürger regieren – mit einer rundum erneuerten Verwaltung als wichtigstem Instrument. Sie verweist auf ihre Berufserfahrung als Kämmerei-Mitarbeiterin und auf ihre Beelitzer Wurzeln. Auf politische Lager will sie keine Rücksicht nehmen und schwört auf die Unabhängigkeit als fraktionslose Bewerberin. Erste Erfahrungen im Repräsentieren hat Hofmann vor zwei Jahren als Spargelkönigin gesammelt. Kathrin Wiencek schließlich argumentiert nüchtern und will nicht zu viel diskutieren, am Ende sollen klare Entscheidungen stehen, sagt sie. In der Stadtverordnetenversammlung ist sie oft die Stimme der Vernunft und mahnt zur Sachlichkeit. Als Chefin im Finanzausschusses hat die Lehrerin gelernt, kühl zu rechnen. Bester Beweis: Im Wahlkampf liegt ihr Fokus auf den Ortsteilen. Hier lebt etwas mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten – und die Wahlbeteiligung im Ortsteil Beelitz war bei der jüngsten Kommunalwahl mit 40 Prozent am niedrigsten.

Wardins Kontrahenten stehen allesamt für eine neue Ära, und damit werben sie – ob sie nun eine „Neue Sicht“ (Knuth), einen „Mentalitätenwechsel“ (Hofmann) oder „frische Ideen“ (Wiencek) fordern. Wer von den vieren es auch wird: das Stadtoberhaupt muss künftig als Integrationsfigur auftreten und bestehende Gräben überwinden. Die Front verläuft nicht mehr entlang der Partei-Lager, sondern zwischen den Unterstützern und Gegnern des Bürgermeisters – auch mitten durch eine Gruppe, die früher unter dem Dach der Orts-SPD zusammenarbeitete.

In den letzten Jahren sind viele ehemalige Mitstreiter von Wardin abgefallen, der Ton ist scharf. Keine Stadtverordnetenversammlung ohne Konfrontation, kaum eine Ausgabe des Stadtblattes „Beelitzer Nachrichten“ ohne Angriff und Gegenrede. Der Bürgermeister muss Einiges wegstecken – und er teilt aus, gerade im Wahlkampf. Vor acht Jahren konnte Wardin sich noch mit 56 Prozent in der Stichwahl gegenüber seinem Kontrahenten Günter Laurich (CDU) durchsetzen. Es wird wieder schwierig für ihn – fast der komplette politische Raum hat sich für den Machtwechsel ausgesprochen.

Der Wahlkampf ist eine Bereicherung für Beelitz: Er ist bunt, hat Alternativen gezeigt und sollte das Interesse an der Kommunalpolitik bei den Bürgern belebt haben. Und er hat die Probleme der Stadt gnadenlos offengelegt.

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