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Potsdam-Mittelmark: Eine Kurve nach oben

Ines Pritscha geht in die USA – bezahlt und organisiert von Bundestag und US-Kongress

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Kleinmachnow – Die Tage zählt sie schon: Noch sind es 13 bis zur Abreise. Ungeduldig rückt Ines Pritscha auf der schmalen Holzbank in der Küche ihrer Eltern hin und her. Während Barack Obama, der demokratische Präsidentschaftskandidat in den USA, heute in Berlin an der Siegessäule über die Deutsch-Amerikanische Freundschaft sprechen wird, kann sich die 21-jährige Steuerfachberaterin aus Kleinmachnow auf einen ganz besonderen Freundschaftsbeweis der beiden Staaten freuen. Ines Pritscha geht für ein Jahr in die USA – bezahlt und organisiert vom Bundestag und dem amerikanischen Kongress. Als eine von 75 deutschlandweit ausgewählten jungen Berufstätigen wird sie am Parlamentarischen Patenschafts-Programm der beiden Staaten teilnehmen.

„Tornados, konservativ und Republikaner“ – was das Internetlexikon Wikipedia über den amerikanischen Bundesstaat Kansas auswarf, war für die junge Steuerfachfrau schon ein kleiner Schreck, als sie im Februar erfuhr, wohin sie der Bundestagsabgeordnete Peter Danckert (SPD) als ihr persönlicher Pate im nächsten Jahr schicken würde: „Oh Gott, jetzt muss ich hin“, schoss es ihr durch den Kopf – doch dann folgte das Glücksgefühl: Plötzlich hat es geklappt. Wenige Monate zuvor hatte sie sich für das Programm beworben. In ihrer Berufsschule in Potsdam lächelte ihr eines Tages die amerikanische Freiheitsstatue entgegen. Auf einem kleinen Werbezettel warb der Deutsche Bundestag für das Programm, dass sich nicht an Studenten wendet, sondern an junge Berufstätige, Lehrlinge und Schüler. Als „junge Botschafter“ Deutschlands sollen die maximal 24-Jährigen in die USA reisen, unter der Schirmherrschaft der Abgeordneten. Die Chancen auf einen Platz sind gut. Nur rund 400 Bewerbungen gingen im vergangenen Herbst auf die 75 Plätze für Azubis ein, darunter auch die der Kleinmachnowerin.

Als erste Antwort bekam sie eine dicke Mappe voller Fragebögen und eine lange Aufgabenliste: Lebenslauf, Zeugnisse, Gesundheitstest, Gutachten der Lehrer und Ausbilder und einen Aufsatz: Wie stellst du dir dein späteres Berufsleben vor, welche Interessen hast du und warum sollen wir gerade dich nach Amerika schicken? Mühsam arbeitete sie sich durch. Fein-säuberlich hat sie heute, viele Wochen später, sämtliche Unterlagen in einen großen Ordner geheftet, so wie es sich für eine ausgebildete Steuerfachangestellte gehört. Erst vor kurzem schloss sie ihre Lehre ab. Nun heißt es wieder die Schulbank drücken – aber eine amerikanische. Für ein halbes Jahr wird sie ein College in Overland Park, der zweitgrößten Stadt Kansas, besuchen. Das zweite Halbjahr ihres Aufenthalts wird sie arbeiten, so sieht es das Programm vor. Bei einem Praktikum will sie sich in das amerikanische Steuerwesen einarbeiten.

Visum, Flug, Gastfamilie, College, Sprachtest und Vorbereitungsseminare wurden organisiert und bezahlt. Nur um den Praktikumsplatz muss sich die 21-Jährige selbst kümmern und um ein Auto. Ohne wird wohl nichts gehen in Amerika, befürchtet sie. Zwar sind es nur drei Kilometer bis zur Schule, aber ob man die mit dem Fahrrad fahren kann, weiß sie nicht. „Das machen die Amerikaner ja wohl nicht.“ Ein Jahr wird die Kleinmachnowerin nun Zeit haben, um das und viele andere Dinge zu erfahren. Nach Hause geht es zwischendurch nicht. Einfacher mache das die Trennung, von Familie, Freund und Freunden nicht. „Bis Weihnachten wirds am schlimmsten“, erklärt Ines Pritscha, „danach“, sagt sie und zeigt mit dem Finger eine Kurve nach oben, „geht es bestimmt aufwärts.“ Tobias Reichelt

Der Bewerbungsschluss für das Programm liegt im September. Insgesamt werden 360 Stipendien an Schüler und Berufstätige vergeben. www.bundestag.de/ppp

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