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Im Flaschenhals. Am 1. Mai 2010 kam ein Rettungswagen (rechter Bildrand) auf der Inselbrücke nicht durch.

© Polizei, Repro: PNN

Von Alexander Fröhlich: Eine Vorahnung von Duisburg

Was am 1. Mai 2010 beim Baumblütenfest in Werder geschah, will die Polizei künftig verhindern

Stand:

Werder (Havel) - Es war am 1. Mai 2010, früher Nachmittag, über Werder sengende Hitze. Auf der Inselbrücke unzählige Menschen, dazu ein Güllewagen, dahinter ein Rettungswagen, beide wollen auf die Insel fahren. Es geht nicht vor und nicht zurück. Stillstand, aufgezeichnet von einer Überwachungskamera der Polizei. Ein heikler Moment an diesem für das Baumblütenfest ganz besonderen Tag mit tausenden Besuchern.

„Ich möchte das nicht noch einmal erleben“, sagt Polizeipräsident Rainer Kann. „So etwas passiert mir nicht noch einmal.“ Kann erlebte, was wäre wenn, wenn sich tausende Menschen in Bewegung setzen, auf die Brücke zuströmen, Rettungswagen eiligst Verletzte abtransportieren müssen.

Es muss kein „Tsunami, das Erdbeben und der Meteoriteneinschlag“ sein – mit diesen Worten hat Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) sich vergangene Woche über die neuen Sicherheitsanforderungen von Polizei und Landratsamt aufgeregt. Manchmal reicht aus Sicht der Polizei ein Sommergewitter, heftiger Platzregen, damit die Besuchermassen das Weite suchen – über einen engen Weg, über die Inselbrücke. Was wäre, wenn Panik ausbricht, fragte sich Kann.

An diesem heiklen Nachmittag im Mai 2010 ging es noch einmal gut, gerade so. Der Rettungswagen war leer, sollte aber dringend auf die Insel. Und auch ohne den großen Güllewagen wäre die Situation brenzlig gewesen, selbst die 300 Beamten, die die Polizei an diesen Tagen im Einsatz hat, können da nicht viel ausrichten. Der Polizeiführer vor Ort musste über Lautsprecher die Massen beruhigen, damit der Rettungswagen überhaupt durchkam. Fast eine Stunde dauerte das. Polizisten mussten sich beschimpfen lassen, wurden beworfen. Einige Besucher versuchten von der Brücke zu klettern. An diesem Tag bekamen die Beamten eine Ahnung davon, wie eine solche Situation im schlimmsten Fall enden kann.

Zwei Monate später geschah es dann – aber in Duisburg, wo bei der Loveparade im Zugangstunnel 21 Menschen starben. Das Polizeipräsidium in Potsdam forderte die Stadt Werder schließlich auf, ihr Sicherheitskonzept nachzubessern. „Ich will keine Opfer verantworten müssen“, sagte der Polizeipräsident.

In der Havelstadt sorgt diese klare Ansage seither für Unruhe, es herrscht blanker Unmut, die Polizei mache den Werderanern das beliebte Volksfest madig, ist zu hören. Keineswegs, sagt Kann, „wir sind keine Spaßbremsen, ich bin selbst gern auf dem Baumblütenfest“. Der Polizeipräsident mahnt in der aufgeheizten Stimmung aber zu Gelassenheit. „Das ist kein Thema für Schnellschüsse. Wir versuchen einen Kompromiss mit der Stadt Werder zu finden.“ Es gehe nicht darum, ob das Blütenfest stattfinden kann, „sondern wie“.

Am liebsten wäre Kann eine zweite Brücke zur Insel. Das würde die Lage in Werder entscheidend entschärfen. Bislang ist noch keine Lösung in Sicht. Im Gespräch ist auch, die Hauptbühne von der Insel auf den Hartplatz zu verlagern und so die Besucherströme anders zu lenken. Polizeipräsident Kann will sich dem nicht verschließen, sagt er. „Wir sind da im Gespräch.“

Auch wenn Bürgermeister Große drastische Worte wählt und sagt, zur Not, wenn die Polizei das Sicherheitskonzept nicht mitträgt, falle das Fest eben aus – dass es soweit kommt, glaubt Kann nicht. Der Polizeipräsident setzt auf eine Einigung mit der Stadt.

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