Potsdam-Mittelmark: Einstieg durch offene Fenster
Täter nutzen Hitzeperiode / Polizei gibt Tipps zum Schutz vor Einbrechern
Stand:
Potsdam-Mittelmark – Immer wieder entwischt er: Die Polizei ist seit mehreren Tagen einem Einbrecher in Werder (Havel) auf der Spur, der die warme Jahreszeit für seine Zwecke ausnutzt: Durch offene Fenster klettert er in die Häuser. Fast jeden Morgen gibt es Anrufe, dass der Täter gesehen wurde. In der Nacht zum Donnerstag war er gerade dabei, in einem Haus in der Siegfriedstraße das Fliegengitter zu zerschneiden, als die Bewohner wach wurden und ihn in die Flucht schlugen. „Es handelt sich um einen Gelegenheitstäter“, vermutet Polizeihauptmeister Frank Heinichen. Denn es braucht nicht viel, um durch offene Fenster zu klettern. Und gerade an Häusern abseits der Straßen fühlt sich der Täter ungestört.
188 Wohnungseinbrüche hatte es 2009 im Schutzbereich Brandenburg gegeben, 257 Mal räumten die Täter Autos aus. Gegenüber dem Vorjahr war das jeweils ein Rückgang von einem knappen Viertel – wobei Heinichen vermutet, dass nicht mehr alle Fälle zur Anzeige gebracht werden. Der Polizist arbeitet beim Sachgebiet Prävention und berät unter anderem Häuslebauer, wie sie ihr Eigenheim sichern können. Die Fichtenwalder Sicherheitspartnerschaft hatte ihn am Donnerstagabend eingeladen, um sich Tipps geben zu lassen. Die Waldgemeinde sei zwar kein Brennpunkt mehr, doch habe es im Frühjahr mehrere Einbrüche in Kleintransporter im Ort gegeben, erinnerte Reinhard Scheiper, seit Dezember Chef der Sicherheitspartnerschaft.
Die Zahlen, die Heinichen präsentierte, sind eindeutig: In fast 70 Prozent der Fälle hebeln Einbrecher Fenster oder Terrassentür auf und gelangen so ins Haus. Scheiben werden so gut wie nie eingeschlagen oder gar aufgeschnitten. Und in nur sechs Prozent der Fälle konnten die Täter bislang durch offene Fenster klettern – diese Zahl dürfte aufgrund der heißen Nächte aber steigen. Heruntergelassene Jalousien sind nämlich nur eine Barriere, wenn sie massiv sind und nicht einfach hochgeschoben werden können. Erst in der Nacht zu gestern ist ein Einbrecher durch ein angekipptes Fenster in ein Haus in der Glindower Friedrichstraße eingestiegen. Er stahl Bargeld. Möglicherweise war es der Täter, den die Polizei zurzeit im Visier hat.
Heinichen empfiehlt, schon beim Fensterkauf auf bestimmte Sicherheitsmerkmale wie eine sogenannte Pilzkopfverriegelung oder einen Aushebelschutz zu achten. „In der Regel geben die Täter nach einer Minute auf“, sagte er. Auch Türen können nachgerüstet werden, zum Beispiel mit stabilen Schließblechen oder zusätzlichen Schlössern. Generell gelte das Prinzip, dass alle Zugänge gleich gesichert sein müssen – denn die Täter würden schnell Schwachstellen entdecken. Elektronische Überwachungsgeräte seien nur bedingt sinnvoll, sind sie doch einerseits eine Kostenfrage und können andererseits auch Fehlalarme auslösen. „Profis wissen außerdem, wie viel Zeit sie haben, bis der Wachschutz anrückt“, so Heinichen. Kaum ein Einbruch würde länger als acht Minuten dauern. Wer in den Urlaub fährt, sollte stattdessen vortäuschen, zu Hause zu sein. Zeitschaltuhren, die immer wieder das Licht an- oder die Rollläden hochgehen lassen, seien hilfreich. Wer hingegen zu Hause ist und einen Einbruch nicht verschlafen will, kann Bewegungsmelder gezielt auf die Fassade richten und mit 1000-Watt-Strahlern koppeln, so dass der Einbrecher plötzlich im Rampenlicht steht. Schließlich kann auch eine gut funktionierende Nachbarschaft Straftaten verhindern. Ein gesundes Misstrauen fremden Personen oder Autos gegenüber empfiehlt sich dabei ebenso wie eine sinnvolle Bepflanzung. „Wer sich hinter Hecken einigelt, bietet auch Einbrechern damit Deckung“, erläuterte der Polizist. Beobachtungen wie Autos mit fremden Kennzeichen, die regelmäßig vorbeifahren, sollten immer der Polizei gemeldet werden.
Dass die allerdings auch in Zukunft schnell reagieren kann, bezweifelten die Sicherheitspartner. Mit der zurzeit diskutierten Polizeireform steht auch die Beelitzer Wache zur Disposition. Künftig müssen Streifenwagen eventuell erst aus Michendorf oder sogar Potsdam anrücken. Reinhard Scheiper berichtete von Fällen aus Süd-Brandenburg, wo Einbrecher die 110 wählten, um die Beamten in eine Ecke des Wachbereiches zu locken, damit sie an der anderen ungestört ihrem Geschäft nachgehen können. Thomas Lähns
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: