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Morgenstern graphisch interpretiert: Die Ausstellung In MeMorgenstern im Turm der Werderaner Bismarckhöhe ist gestern eröffnet worden und läuft noch bis Anfang April.

© Andreas Klaer

Von Thomas Lähns: Eiserner Kanzler, liebreizende Hoheiten

Freundeskreis Bismarckhöhe arbeitet an Galerie der Blütenköniginnen / Grafik-Ausstellung gestern eröffnet

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Werder (Havel) - Es wird eine lange Galerie liebreizender Majestäten, die sich in den vergangenen Jahren zu wirksamen Werbeträgern für Werder entwickelt haben. 22 Blütenköniginnen waren bislang in Amt und Würden. Pünktlich zum diesjährigen Baumblütenfest Ende April sollen sie aufeinander treffen: In der Ausstellung „Hoheiten der Blütenstadt“. Die Dokumentation mit Bildern und Texten über die Regentschaft der Hoheiten einschließlich deren eigener Erinnerungen ist eine von fünf Ausstellungen, die der Freundeskreis Bismarckhöhe für dieses Jahr geplant hat.

Die erste Ausstellung in diesem Jahr wird aber einem ganz anderen gewidmet: Dem Dichter Christian Morgenstern (1871-1914), der am Ende des 19. Jahrhunderts seine Galgenlieder auf der Bismarckhöhe, dem damaligen Galgenberg, schrieb. Der Freundeskreis hat zusammen mit dem Potsdamer Kunstverein Grafiken zusammengetragen, die größtenteils in der DDR anlässlich des 100. Geburtstages Morgensterns 1982 von Künstlern für eine Ausstellung gezeichnet worden sind. Gestern war die Vernissage zu „In MeMorgenstern“ und wer trotz der Glätte den historischen Hügel erklomm, wurde mit interessanten optischen Interpretationen des Dichters und seiner Werke belohnt. Im Sozialismus sei Morgenstern eine feste Größe gewesen, berichtete Andreas Hüneke, Vorsitzender des Potsdamer Kunstvereins und Morgenstern-Verehrer. „Er bot einen ideologiefreien Raum, in dem man sich bewegen konnte“, so der Kunsthistoriker, der die Ausstellung vor über 30 Jahren organisiert hatte.

„Ein Wiesel saß auf einem Kiesel, inmitten Bachgeriesel“ – Nicht nur aufgrund seines humorvollen Spiels mit der Sprache hat der Freundeskreis Bismarckhöhe mit Morgenstern ein Steckenpferd gefunden. Zwar weilte der rastlose Dichter nur zwei Sommer (1894/95) mit seinen „Galgenbrüdern“ in der Blütenstadt, aber das war immer noch mehr Zeit, als er an anderen Orten verbracht hatte. Wo sollte sein Erbe also sonst hoch gehalten werden, wenn nicht in Werder? Achim Risch, Kurator und Chronist des Freundeskreises, hat schon seit längerem die Vision von einem Morgenstern-Museum hoch über der Blütenstadt. Im Moment ist eine Dauerausstellung im gerade mal 25 Quadratmetern großen Morgenstern-Zimmer dem Dichter gewidmet. Die Zahl der möglichen Exponate übersteigt das momentane Platzangebot bereits bei weitem: Bücher, Briefe, Tondokumente und Lithographien könnten gezeigt werden. Zum 100. Todestag Christian Morgensterns in vier Jahren will der Freundeskreis einen Aufruf an alle starten, die sich zu diesem Jubiläum irgendwie einbringen könnten.

Die Impulse, Werders Bismarckhöhe zu einem kulturellen Mittelpunkt zu machen, lassen nicht nach – auch abseits des Morgenstern-Erbes. In diesem Jahr ist eine Dokumentation zur 50-jährigen Karnevalsgeschichte geplant, im kommenden Jahr will man den Partnerstädten Gelegenheit geben, sich auf der Bismarckhöhe zu präsentieren. Auch an das Naheliegendste hat der Verein gedacht: Die Beziehung der Bismarckhöhe zu ihrem Namenspaten Fürst Otto von Bismarck – der selbst nicht einmal hier gewesen ist – soll thematisch aufgegriffen werden. Die Vorbereitungen für die Blütenköniginnen-Ausstellung laufen ebenfalls schon.

1936 hatte die erste Majestät Johanna Schmidt den Blütenthron erklommen. Mit den Nachfahren sei man im Gespräch, berichtete Risch. Nach ihr hatte es bis 1989 keine Monarchin mehr in Werder gegeben, ab dann aber zu jedem Baumblütenfest. Viele der Hoheiten würden zurzeit die Erinnerungen an ihre Regentschaft niederschreiben – und da dürfte Einiges zusammenkommen. Bis zu hundert Termine hätten sie innerhalb eines Jahres bewältigen müssen. Am Ende der Ausstellung soll auch eine Chronik entstehen.

Mit der Kulturförderung ist für den Freundeskreis eine neue Ära in seiner bislang sechsjährigen Vereinsgeschichte angebrochen. Denn bis vor kurzem war noch Muskelkraft statt Feingeist gefragt, als es darum ging, den Turm der Bismarckhöhe auch in Eigenleistung zu sanieren. Es wurde gebaut, gezimmert und gemalert, die Turmzimmer Stück für Stück hergerichtet. Zudem wurden knapp 500 000 Euro an Spenden eingenommen, erinnerte der 2. Vorsitzende Wolfgang Kagel. Nun gehe es darum, das Erreichte zu bewahren und mit Leben zu füllen. Einmal noch würde der Verein aber gern zu Hammer und Pinsel greifen: Um ein Morgenstern-Museum zu schaffen.

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