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Potsdam-Mittelmark: Fachkräftemangel und wuchernde Bürokratie
Brandenburgs CDU-Chefin Saskia Ludwig machte auf ihrer Sommertour Station in Werder
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Werder (Havel) - Über mangelnde Nachfrage kann sich die Neue Ziegel-Manufaktur Glindow dieser Tage nicht beklagen: Das Auftragsvolumen des Unternehmens liege im Moment bei rund 180 000 Euro, „das ist das, was wir in zwei Monaten normalerweise umsetzen“, sagt Geschäftsführer Jürgen Wackermann. Auf der Liste stehen maßgefertigte Ziegel für den Potsdamer Persiusspeicher, für die Sacrower Heilandskirche und die Justiz-Vollzugsanstalt in Brandenburg (Havel). Allein die Stadt Prenzlau hat 35 000 Ziegelsteine für die Rekonstruktion ihrer Stadtmauer bestellt. Und dennoch drückt dem Chef der Schuh: Zurzeit seien mehrere Mitarbeiter krankheitsbedingt ausgefallen – und Ersatz zu finden scheint fast unmöglich.
Saskia Ludwig, Vorsitzende der CDU im Landtag und Parteichefin in Brandenburg, hat auf ihrer Sommertour durch Brandenburg gestern in der Blütenstadt Halt gemacht und dabei mehrere Betriebe besucht. Für die langjährige Werderanerin ein Heimspiel: Sie kennt die Unternehmen, wie die letzte Zieglei in den Glindower Alpen, und weiß um deren Sorgen. „Werder hat durch die gute Arbeit der Stadtverwaltung nach wie vor ein Plus bei den Gewerbeansiedlungen“, so Ludwig, aber Themen wie die wild wuchernde Bürokratie und die dadurch steigende finanzielle Belastung würden auch hier den Betrieben das Leben schwer machen.
Und auch der Fachkräftemangel hat die Region offenbar schon erreicht: Wenn das Arbeitsamt Leute schickt, berichtete Wackermann der Politikerin, würden die sich nicht einmal bei ihm melden, sondern gleich zu Hause bleiben. Und auch mit Zeitarbeitern sei es schwierig, die Produktion in Gang zu halten. Von der Qualität der Lehrstellen-Bewerber ganz zu schweigen: „Ich gucke schon gar nicht mehr auf die Noten“, so der Ziegelei-Geschäftsführer. Trotz allem bildet das Unternehmen weiter aus: Pro Jahr wird ein Azubi eingestellt, sodass hier durchgängig drei Lehrlinge arbeiten – zusätzlich zu den 20 übrigen Mitarbeitern. „Wir müssen den Jugendlichen klarmachen, dass Hartz IV kein Lebenskonzept sein kann“, unterstrich Ludwig. Denn dass trotz der hohen Arbeitslosenquote so viele Stellen im Lande unbesetzt blieben, liege daran, dass sich zu viele mit Sozialleistungen eingerichtet hätten.
Um Erziehung und Bildung ging es dann auch auf der nächsten Station der Sommertour durch Werder: Im Alten Rathaus auf der Insel ist gestern die Wanderausstellung „Die Mauer – eine Grenze durch Deutschland“ eröffnet worden. Die 20 großformatigen Plakate, auf denen die Geschichte der Mauer und der innerdeutschen Grenze von deren Errichtung bis zum Fall 1989 mit Fotos und Texten dokumentiert wird, ist von den Zeitungen „Die Welt“ und „Bild“ zusammengestellt worden. Initiator war die Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur. Es sei wichtig, dass junge Menschen die leidensvolle Geschichte der deutschen Teilung näher kennenlernen, so Ludwig mit Verweis auf die mindestens 138 Erschossenen an der Berliner Mauer und weiteren über 1300 Opfern, die an der innerdeutschen Grenze ihr Leben ließen. „Es reicht nicht, die vielen Opfer zu entschädigen, man muss ihnen auch Respekt zollen“, forderte die CDU-Politikerin.
Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) schilderte indes sehr eindringlich, wie er den Bau der Mauer vor genau 50 Jahren erlebt hatte: Als er am 12. August mit seinen Eltern zurückkam aus Grunewald, von einem Besuch der Großmutter, habe er die Panzer am Griebnitzsee stehen sehen. Einen Tag später war die Grenze zu. „Eigentlich wollten wir schon längst geflohen sein, die Vorbereitungen waren getroffen“, erzählte Große. Doch sein Vater, ein echter Werderscher Obstbauer, habe noch unbedingt die Pflaumen ernten wollen – und die Saison dafür beginnt erst Mitte August. Thomas Lähns
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