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KulTOUR: Fercher Ritterschlag für Berliner Stadtmaler
Neue Ausstellung der Havelländischen Malerkolonie zeigt Bilder des Künstlers Gerhard Graf (1889-1958)
Stand:
Schwielowsee - Entgegen des viel belächelten Anfangs hat es die rührige Mannschaft um Helga Martins und Jelena Jamaikina in Sachen „Museum der Havelländischen Malerkolonie“ seit 2008 ganz schön weit gebracht. Zwar geht es hier noch immer – und bis demnächst – um die Mal- und Zeichenkünste der Vergangenheit, doch seit der „Grundlegung“ durch Karl Hagemeister und Genossen kommt wirklich eines zum anderen. Nota bene: Die Zahl der Havelländischen Maler wird auch ohne das Wort „Kolonie“ immer größer.
So ist zum Beispiel der ziemlich unbekannte Name Gerhard Graf (1883-1958) längst im Namensregister des traditionsorientierten Mini-Museums verzeichnet. Im hauseigenen „Reisebüchlein“ zur Malerei am Schwielowsee erscheint er noch in zweiter Reihe, fast wie ein Zaungast. Das soll sich nun ändern. Mit der neuen Exposition „Ausflüge ins Havelland“ erhält der einst so berühmte „Stadt-Maler“, seit 1911 regelmäßig und erfolgreich in Berlins Kunstszene vertreten, nun auch den Fercher Ritterschlag, und damit eine relativ gesicherte Stellung an der Seite von Hagemeister, Bracht, Borghard und Zeller. Manche sprechen, mit selbstbewusstem Blick auf Frankreich, längst vom „Havelländischen Impressionismus“: Aus dem Vergessen retour ins Malerdorf Ferch!
Zustande gekommen ist diese Schau als Initiative der 2008 gegründeten Gerhard-Graf-Gesellschaft, fünfzehn Mitglieder, überwiegend aus Berlin. Ihr „Chef“, der Stadtkämmerer a. D. Hansjürgen Bals, hatte sowohl Interesse als auch „Beziehungen“ zu den vielen Privatsammlern signalisiert, deren Leihgaben diese exzellente Ausstellung erst möglich machten. Einmal saß er in einem Werderaner Café und erzählte von Graf, da rief eine Dame von nebenan grammatikalisch exakt: „Ich hab’ da auch noch einen Graf zu Hause!" So sammelt sich das. Er selbst wohnt in jenem Haus, welches sich der Maler 1925 aus „Stadtflucht“ am Plessower See hatte bauen lassen, am Kirschbaum-Ort. Ein kleiner Holzschnitt mit Riesen-Passepartout zeigt diesen Sommersitz.
Auch jenseits aller Hintergründe und Formalien ist diese kleine, aber feine Ausstellung sehr interessant. Im Obergeschoss wird der Stadtmaler mit Ansichten aus Berlin und New York kurz vorgestellt. Schwerpunkt dieser Schau aber ist Graf als Landschaftsmaler im Havelländischen. Wie nebenbei findet der Findige hier oben auch das ziemlich verdunkelte Bild „Katen im Abendlicht“ von 1906. Es gehört noch zu seiner akademischen Früh-Phase. Ein Blick von der Balustrade hinab zu den farbintensiven Bildern späterer Jahre – „Sandberge bei Phöben“, „Erntefeld im Havelland“, den verträumten Alleewegen oder den Werder-Bildern späterer Jahre macht schlagartig deutlich, wie sich der Blick dieses Mannes dank Landschaft und Wasser immer mehr aufgehellt hat. Graf malte völlig unspektakulär und meist in Öl, vielleicht ein Grund, warum sich Leute öfter mal ein Bild von ihm für ihre Gute Stube leisteten. Heute ist ja „Galeriemaß“ der Standard.
Der zweite Raum mit seinen weißen Paneelen hält Zeichnungen, Grafiken und tolle Gouachen bereit, auch sie zeigen seine Liebe zum Detail und die Vorliebe fürs Perfekte, also Fertige. Gerhard Graf war ja schließlich als „Kunsterzieher“ am Grunewald-Gymnasium auch das Vorbild seiner Schüler, die ihm bis nach Plessow folgten. Eine „großbürgerliche Existenz“, so Hansjürgen Bals, Gerhard Grafs Vater war schließlich Hof-Fotograf unter Kaiser Friedrich III.! Dass daraus solche Bilder erwachsen – phantastisch!
Bis 30. Oktober, mittwochs bis sonntags jeweils 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Gerold Paul
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