Potsdam-Mittelmark: Fläming-Jubiläum im falschen Jahr?
Historiker hinterfragt Besiedelung um 1159 – kurz vor den 850-Jahr-Feiern
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Potsdam-Mittelmark - Wann war die Geburtsstunde des Flämings? Das Jahr 1159 als Zeitpunkt der ersten deutschen Besiedelung zumindest ist jetzt relativiert worden. „Es gibt keine Urkunde, die eine Besiedelung zu diesem Zeitpunkt belegt“, sagt der promovierte Potsdamer Historiker Lutz Partenheimer. Er reagiert damit auf die Pläne, in diesem Jahr das 850-jährige Fläming-Jubiläum zu feiern. Unter anderem soll im Mai ein historischer Treck mit zehn Planwagen in Brügge starten und nach acht Wochen und 1200 Kilometern in Brück ankommen. Damit soll der Weg flämischer Siedler im Mittelalter nachgezeichnet werden (PNN berichteten).
Doch der Anlass sei mit Vorsicht zu betrachten, so Partenheimer, der sich intensiv mit der Geschichte des Flämings, der Mark Brandenburg und ihrem ersten Markgrafen Albrecht dem Bären beschäftigt hat. Der um 1170 schreibende Chronist Helmold von Bosau habe zwar berichtet, dass Albrecht Siedler – darunter Flamen – in die von ihm erworbenen slawischen Lande geholt hatte, doch werde kein Ort im Fläming als Besitz des Markgrafen genannt. Dies wäre die Voraussetzung dafür gewesen, dass er ihnen Land übertragen konnte. Erst in einer Urkunde des Bischofs von Brandenburg aus dem Jahre 1161 würden die Orte Görzke, Wiesenburg, Mörz und Niemegk erstmals erwähnt, auch das eventuell 997 erstmals erscheinende Belzig findet sich darin, diesmal gesichert.
Siedlungsbelege aus dem Jahr 1159 gebe es indes für Orte nördlich und südlich des Flämings: Wusterwitz nahe der Stadt Brandenburg sei zu diesem Zeitpunkt durch Erzbischof Wichmann von Magdeburg an Flamen zur Besiedelung abgegeben worden. Eine weitere Urkunde aus diesem Jahr belege, dass die Dörfer Nimiz und Nauzedele ebenfalls an flämische Siedler verkauft worden sind, und zwar durch den Abt des Klosters Ballenstedt. Albrecht der Bär habe als Vogt dieses Klosters die Urkunde besiegelt und sich auf diesem Siegel erstmals „Brandenburgischer Markgraf“ genannt. „Herr der Siedler soll der Markgraf sein“, zitiert Partenheimer aus der Urkunde, „und die Flamen sollen das gleiche Recht genießen, nach dem ihre in der Gegend schon ansässigen Landsleute bereits leben.“ Nimiz und Nauzedele sind zum Ort Naundorf zusammengelegt worden, das wiederum seit 1935 Waldersee heißt und heute zu Dessau gehört.
„Auf die Urkunden von Wusterwitz, Nimiz und Nauzedele stützen wir uns“, antwortet nun der Vorsitzende des Vereins Fläming-Flandern in Wittenberg, Ulrich Höhne. Zwar nicht direkt im, aber doch am Rande des Flämings gelegen, würden sie Eckpunkte bilden. „Die Besiedelung durch die Flamen fand in der Region zwischen den Orten, aber auch darüber hinaus statt", so Höhne, der die anstehenden Jubiläums-Feiern durchaus gerechtfertigt sieht. Es ist einiges geplant: Dem Kutschentreck sollen im Sommer Radler und Wanderer folgen, bereits im April startet das Fläming-Frühlingsfest in Coswig und im Oktober sollen Skulpturen deutscher und flämischer Künstler präsentiert werden, die ab November einen nördlichen „Skulpturenweg“ zwischen Wiesenburg und Belzig zieren sollen. Einen südlichen gibt es bereits.
Vom 19. bis zum 21. November soll außerdem ein Symposium in Wittenberg stattfinden. Dort könne dann auch die wissenschaftliche Debatte um das Jahrder Erstbesiedelung geführt werden, bietet Höhne an. Thomas Lähns
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