Potsdam-Mittelmark: Fluglärm: Beelitz stimmt in den Protest ein
Bürgermeister Knuth kritisiert „St.-Florian-Prinzip“ und fordert gleichmäßige Verteilung der Flugrouten
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Beelitz / Schwielowsee – Im aktuellen Fluglärm-Streit befürchtet nun auch Beelitz, unter die Düsen zu geraten. Über „immer wieder auftauchende Vorschläge und Varianten von An- und Abflugrouten“ herrsche in der Spargelstadt „große Verunsicherung“, so Bürgermeister Bernhard Knuth (BBB). In einem gestern veröffentlichten Brief an Verkehrsminister Jörg Vogelsänger und Landrat Wolfgang Blasig (beide SPD) bringt er die Sorgen seiner Stadt auf den Punkt: „Mit großem Unverständnis“ verfolge er die Bemühungen von Interessengruppen und Gemeinden, „die Flugrouten von einer Kommune auf die nächste zu schieben“.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Bürgerinitiative Fluglärmfreie Havelseen und die nördlichen Nachbargemeinden Werder (Havel), Schwielowsee, Michendorf und Nuthetal. Die wollen mit ihren aktuellen Routenvorschlägen nach dem Prinzip „außen rum statt oben drüber“ die Anflüge nach Schönefeld südlich an ihren Gemeinden vorbeiführen. „Es muss doch eine Möglichkeit geben, An- und Abflugrouten so zu entwickeln, dass sie gleichmäßig, wie ein Fächer, über das Land gelegt werden können, um so den entstehenden Fluglärm auf alle gleichmäßig zu verteilen“, argumentiert Bürgermeister Knuth. Das „St.-Florian-Prinzip“ werde viel zu oft angewandt.
Tatsächlich teilen sich die vom Fluglärm bedrohten Kommunen nun in drei Kategorien: Jene wie Kleinmachnow und Teltow, die in der Fluglärmkommission mitreden können, jene wie Werder und Schwielowsee, die draußen geblieben sind, aber dort die Protesttrommel schlagen – und schließlich jene, die sich jetzt überrumpelt fühlen. Knuth nennt auch die Einwohner der Beelitzer Nachbargemeinden Brück, Kloster Lehnin und Trebbin. „Auf diese Menschen darf nicht der Fluglärm abgewälzt werden, den andere nicht haben wollen.“ Laut Knuth habe sich auch in Beelitz jetzt eine Bürgerinitiative gegründet, die er unterstützen will. Bis jetzt habe sich die Stadt mit Wertungen zurückgehalten, „weil wir uns bewusst sind, was für eine große Chance für die Entwicklung der Region durch den neuen Großflughafen entstehen kann“. Nun jedoch werde Beelitz die Stimme erheben.
Die Gemeinde Schwielowsee beharrt unterdessen auf ihrer Forderung, die Anflugrouten nach Süden zu verlegen. Der Tourismusausschuss hat auf seiner Sitzung am Dienstag noch einmal eine Protest-Resolution in die Wege geleitet. Zwar gab es schon im Dezember einen ähnlichen Beschluss der Gemeindevertretung, „aber seitdem ist die Lage viel dramatischer geworden“, erklärte Ausschuss-Vorsitzende Heide-Marie Ladner (SPD). Zur Sitzung des Gremiums waren rund hundert Fluglärm-Gegner erschienen, um mit der Verwaltung das künftige Vorgehen abzustimmen.
„Wir müssen unsere Forderungen gemeinsam mit dem Landkreis und dem Bundes-Verkehrsministerium umsetzen“, erläuterte Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) ihre Hauptstoßrichtung. Erst am Dienstag habe sie einen Brief an Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) geschrieben und erneut ein strenges Nachtflugverbot gefordert, so Hoppe. Dabei sei sie auch auf die gesundheitlichen Gefahren des Fluglärms für die Havelseen-Region eingegangen. In einem weiteren Brief an Ramsauers Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle habe sie außerdem das lange Verfahren für die Bewerbung Schwielowsees als staatlich anerkannter Erholungsort geschildert – und dass der Fluglärm zum Verlust des Titels führen könnte.
Gleichzeitig dämpfte Hoppe die Hoffnungen der Bürgerinitiative, dass die Gemeinde ein unabhängiges Gutachten über mögliche Routen-Alternativen finanzieren werde. „Das hat im Moment keine rechtliche Relevanz“, erläuterte Hoppe. Erst wenn eine Rechtsverordnung über konkrete Flugrouten erteilt worden ist, habe man einen Ansatz dafür. Zudem werde es schwierig, einen anerkannten Gutachter zu finden, der gegen die Pläne der Deutschen Flugsicherung argumentiert. Thomas Lähns
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