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Potsdam-Mittelmark: Für mittelmärkische Bauern wird es eng

Minister Seehofer will Abmilderung der EU-Kürzungspläne / Landwirten soll mehr Geld bleiben

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Werder (Havel) / Beelitz - Die Anbauflächen werden knapp, die Preise für Düngemittel und Treibstoff steigen – und die Erlöse sind wieder mal im Keller. Jetzt rechnen die mittelmärkischen Bauern mit dem nächsten Tiefschlag aus Brüssel – und von dem würden sich viele nicht erholen: Die EU-Kommission will den deutschen Landwirten bis 2013 insgesamt 400 Millionen Euro Fördermittel streichen, die Hälfte davon wird in den Neuen Bundesländern gekürzt. Zwischen Werder und Beelitz setzt man jetzt auf die Bundespolitik, insbesondere auf Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU). Der war diese Woche zwischen Havelland und Fläming unterwegs und bekam neben Eindrücken von einer malerischen Landschaft, „bayerischen Verhältnissen“ in Werders Stadtparlament sowie einem regen Unternehmergeist auch existenzielle Ängste mit auf den Weg.

Geplant ist eine Umschichtung der EU-Gelder: weg von der Direktförderung der Landwirte hin zur allgemeinen Förderung des ländlichen Raumes. Gesteuert wird dies über die sogenannte Modulationsrate: Im Moment werden 5 Prozent von den Betriebs-Zuschüssen abgezogen, demnächst sollen es 22 sein. Das heißt: Statt der Beihilfe für die Bauern gibt es mehr Geld für Projekte wie dem ländlichen Wegebau, soziale und kulturelle Einrichtungen sowie touristische Attraktionen. Die meisten Prämien gibt es zurzeit für den Boden, von den Kürzungen wären also insbesondere große Betriebe wie die Agrargenossenschaften betroffen – und die sind in kleinen Dörfern oft die letzten Arbeitgeber.

„Mir ist eine Förderung der Landwirte wichtiger als eine Förderung der Landräte“, erklärte der Minister und versprach, sich mit den Fachministern der Länder für eine Abmilderung der EU-Pläne einzusetzen, gegen ein „Sonderopfer“ der ostdeutschen Bauern. Denn sollten die Kürzungen im November tatsächlich so beschlossen werden, würde es hier zu enormen Einschnitten kommen. Uwe Naujoks, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Saarmund, kündigte an, dass er dann 25 Prozent der Belegschaft entlassen müsste, immerhin würden seinem Betrieb 300 000 Euro im Jahr fehlen. Wolfgard Preuß, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes und Chef der Fiener AG Ziesar-Bücknitz, bezifferte die Einbußen für seinen Betrieb auf 160 000 Euro.

Seehofer äußerte insgesamt ein starkes Bewusstsein für die Probleme der Landwirte, auch was den Mangel an Anbauflächen angeht. „Täglich gehen der Landwirtschaft 110 Hektar verloren", sagte er und verwies auf den Bau von Ortsumgehungen und dafür vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen. Diese Zahl will er künftig auf 30 Hektar senken. Statt Ackerflächen zu begrünen, sollten Industriebrachen rekultiviert werden – oder, wie Werders 1. Beigeordneter Hartmut Schröder vorschlug: „Gebt das Geld einfach den Obstbauern. Die sorgen nicht nur für Nachpflanzungen, sondern können damit auch noch wirtschaften.“

In Petzow besuchte der Minister den Fruchterlebnisgarten von Christine Berger, bewunderte den Mut, mit dem die Unternehmerin gleich nach der Wende auf den Anbau von Sanddorn setzte. Stück für Stück hat sie die Produktpalette erweitert und bietet heute vom Gummibärchen bis zum Likör alles aus der Wildbeere an. „Landwirtschaft, Verarbeitung, Vermarktung und Tourismus liegen bei uns in einer Hand“, so Berger. Von dem innovativen Konzept beeindruckt, fragte der Minister, was sie ändern würde, wäre sie Kanzlerin? „Die Steuern senken, damit die Angestellten mehr Geld in der Tasche haben“, so Bergers eindeutige Antwort. Thomas Lähns

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