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Potsdam-Mittelmark: Für Rechte nichts zu holen

Gegenveranstaltung von Kurage und der Stadt Werder wies die NPD in die Schranken / Große: Weiter wachsam sein!

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Werder (Havel) - Über hundert Werderaner und Menschen aus der Region gingen am Sonnabend für die Demokratie auf die Straße: Politiker, die Verwaltungsspitze um Bürgermeister Werner Große (CDU), Vereinsmitglieder und Bürger. Mit Transparenten und Stehvermögen haben sie gezeigt, dass es in der Blütenstadt für die rechtsextreme NPD nichts zu holen gibt. Die hatte hier zwischen elf und 13 Uhr unter dem Deckmantel einer so genannten „Mahnwache“ ihren ersten Wahlkampfstand im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2008 aufgebaut.

Doch der Plantagenplatz blieb menschenleer, nur ein einziger Mann war in den zwei Stunden mit den Rechten ins Gespräch gekommen. Alle anderen Passanten machten grundsätzlich einen großen Bogen um die schwarzweißroten Fahnen – und wer doch angesprochen wurde, ging unbeirrt weiter oder wies die angebotenen Broschüren brüskiert zurück. „Den Bürgern ist das sichtlich peinlich gewesen“, so Uwe Dinjus, Vorsitzender des Aktionsbündnisses Kurage. Viele seien auch entsetzt gewesen und einige reihten sich gleich in die Gegenveranstaltung auf der anderen Straßenseite ein.

Von den vorbeifahrenden Autofahrern gab es aufmunternde Hupkonzerte und hochgestreckte Daumen, die Gewerbetreibenden verteilten Getränke und Süßigkeiten, allen voran das indische Restaurant Mango – wo man ganz kurzfristig Thermoskannen ausreichte. Zudem erklangen um elf Uhr die Sirenen der Stadt – ein symbolisches Warnsignal an die Bürger. Denn der wöchentliche Probealarm wurde spontan vom Mittwochnachmittag auf diese Zeit verlegt.

„Das Schönste ist, dass die Rechten keinen Anklang in Werder gefunden haben“, resümierte Bürgermeister Werner Große. Damit sei ein deutliches Signal gesetzt worden, aber die Stadt müsse weiterhin wachsam sein. Dass alle demokratischen Parteien den Weg hierher gefunden haben, sei beeindruckend. Tatsächlich waren nicht nur Abgeordnete der Stadtfraktionen hier, sondern auch Landespolitiker wie Susanne Melior (SPD) und Andreas Bernig (Die Linke). Ein Erfolg, der nicht zuletzt auf das Konto von Kurage geht: Seit anderthalb Jahren bemüht sich das Aktionsbündnis, alle Parteien an einen Tisch zu bekommen – und diese Bemühungen tragen jetzt Früchte.

„Diese Geschlossenheit ist entscheidend“, wertete auch der Werderaner Siegfried Birkholz. Der Pädagoge und Theologe beschäftigt sich mit der jüdischen Geschichte der Stadt und gab sich in Anbetracht der Gegenveranstaltung erfreut und auch beruhigt. „Wir müssen zeigen, dass wir uns nicht auseinander dividieren lassen.“

Hinter den Transparenten, die die Eisenbahnstraße säumten und auf denen Botschaften wie „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ standen, kam es zu tiefgründigen Gesprächen. Besonders ältere Bürger zogen Parallelen zu der Zeit, die von der NPD so gern verharmlost wird: „Ich bin 1933 in die Hitlerjugend eingetreten – weil ich mich habe verführen lassen“, so das schmerzliche Bekenntnis eine Mannes. Diese Verführungsversuche würden gerade wieder auf der anderen Straßenseite unternommen werden. Und eine Rentnerin bemerkte: „Wer diese Zeit damals mitmachen musste, hat die Nase so voll. Nie wieder möchten wir das erleben.“

Klare Meinungen, die letztendlich auch die NPD zur Kenntnis nehmen musste. Nach zwei Stunden von den Werderanern isoliert, packten die zehn Leute früher als geplant ihre Sachen – und für diese Einsicht gab es tosenden Applaus von der anderen, der demokratischen Seite. Thomas Lähns

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