Potsdam-Mittelmark: Füttern (noch) verboten!
Vögel in Brandenburg und Berlin kommen mit ersten Nachtfrösten gut alleine klar
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Vögel in Brandenburg und Berlin kommen mit ersten Nachtfrösten gut alleine klar Von Claudia Pietsch Die letzten Zugvögel verlassen in diesen Wochen Berlin und Brandenburg. Nachdem Kraniche, Wildgänse und manche Stare bereits vor der Kälte in den Süden geflohen sind, bricht für die daheimgebliebenen Vögel noch lange keine existenzbedrohende Zeit an. Auch wenn die Meteorologen die ersten Nachtfröste messen und schon die ein oder andere Schneeflocke dahergewirbelt kommt, warnt BUND-Naturschutzexperte Herbert Lohner die Berliner und Brandenburger vor übertriebener Tierliebe. „Kein Vogel muss schon im Oktober gefüttert werden“, mahnt er eindringlich. Obwohl Baumärkte, Discounter und Tierhändler Vogelhäuschen in phantasievollen Formen und Vogelfutter aller Art im Angebot haben, wird das Sortiment dieser Tage noch nicht benötigt. Lohner weist nachdrücklich darauf hin, dass die Vögel solange gut alleine klar kommen, bis es lang andauernde Nachtfröste mit Temperaturen um minus fünf Grad Celsius und eine geschlossene Schneedecke gibt. In Berlin sorgen die großen Parks und ausgedehnte Stadtbrachen für ein großes Nahrungsangebot für Vögel. Auch auf anderen gärtnerisch unbewirtschafteten Flächen wie Bahndämmen finden die Vögel einen reich gedeckten Tisch. Gartenbesitzer in der Hauptstadt und Brandenburg können das ihrige für die Sänger tun. So sollten trockene Stauden auf den Beeten stehen bleiben. Neben den übrig gebliebenen Samen sind an den Pflanzen viele Insekten zuhause, die den Vögeln munden. An Wildsträuchern wie solchen mit Vogelbeeren lässt sich beispielsweise der sonst selten zu sehende Zaunkönig, einer der kleinsten Singvögel der Region, sehen. Auch Kompost- und Laubhaufen sollten im Garten stehen bleiben. In ihnen gibt es ebenfalls viele Insekten. Obstbäume werden von Vögeln geliebt. An verbliebenen Äpfeln, Birnen oder anderen Früchten laben sich in besonders harten Wintern vielleicht sogar aus Skandinavien oder Sibirien angereiste Seidenschwänze. Das allerdings bleibt ein seltenes Schauspiel. Auch im unwirtlichsten Winter macht Vogelfütterung nach Lohners Auffassung „wildbiologisch“ keinen Sinn. „Gefährdete Arten kann niemand auf diese Weise retten, und bei den anderen sorgt die kalte Jahreszeit nach dem Willen der Natur für eine natürliche Auslese.“ So würden von den jungen Kohlmeisen ohne menschliche Hilfe nur etwa 30 Prozent überleben. Die gesündesten und kräftigsten würden dann im darauffolgenden Sommer für Nachwuchs sorgen. Wer dennoch auf ein Vogelhäuschen auf Balkon, Terrasse oder am Küchenfenster nicht verzichten will, für den lauten die Zauberworte „maßvoll“ und „sachgerecht“, unterstreicht Lohner. Nach seinen Erkenntnissen werden jeden Winter zahlreiche Vögel „totgefüttert“. Er empfiehlt für Körner- und Weichfutterfresser mehrere Futterplätze einzurichten. Sonst mache die Konkurrenz den Vögeln erheblichen Stress. Zudem müssen Futterplätze katzensicher sein. Die Angst vor einem drohenden Angriff des Räubers bereite den Tieren körperliche Pein, die sie schwächen kann. Außerdem soll der Mensch die Futterstellen penibel sauber halten. Weil sich – anders als in der Natur – viele Vögel an einem Ort versammeln, drohen durch infizierten Kot beispielsweise Salmonellenerkrankungen. Und die gute Absicht verkehrt sich in ihr Gegenteil. Wer alle Ratschläge befolgt, der kann sich an tristen Wintertagen an einem bunten Gewimmel vor dem Fenster erfreuen. Gesichtet werden in der Region häufig Blau- und Kohlmeise, Rotkehlchen, Haussperling, Buch-, Grün- und Diestelfink, Zeisig, Kleiber, Amsel, Wacholderdrossel, Star und Elster. Seltener sind Sumpf-, Schwanz- und Tannenmeise, Goldammer, Seidenschwanz, Misteldrossel, Dohle, Grün- und Kleinspecht anzutreffen. Und weil das bunte Treiben dem Menschen, vor allem auch Kindern und Kranken, die Natur nahe bringt, rät der BUND auch nicht absolut von Vogelfütterung ab. Der Naturschutzexperte: „Niemand kommt den heimischen Singvögeln näher, als jener, der sie hinter der Glasscheibe versteckt beobachtet.“
Claudia Pietsch
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