KulTOUR: Geplauder über einen toten Dichter
Gedenken an den 25. Todestag von Peter Huchel in Wilhelmshorst / Christian Brückner liest Gedichte
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Michendorf · Wilhelmshorst - In der vergangenen Woche beging die literarische Welt im Peter-Huchel-Haus den 25. Todestag dieses Dichters. Kurator Peter Seiler konnte den prominenten Schauspieler und Synchronsprecher von Robert De Niro, Christian Brückner, als exklusiven Interpreten Huchelscher Verse gewinnen, für Gespräche über dessen Person standen – gleichsam von West nach Ost – Hans Dieter Zimmermann und der Lyriker Wulf Kirsten zur Verfügung. Vermittlung und Moderation für die zwei vollen Stunden übernahm der belesene Peter Walther. Was aber wollte man dem so reichlich erschienenen Publikum nun über den am 30. April 1981 Verstorbenen Gewichtiges oder gar Neues mitteilen? Ist nicht alles gesagt und gründlich erforscht?
Kirsten und Zimmermann können natürlich für sich reklamieren, mit Peter Huchel und seinem Umfeld im persönlichen Proporz gestanden zu haben: Beide bezeichneten sich gern als Schüler des einflussreichen Leipziger Literaturprofessors Hanns Mayer, beide hatten selbstredend mit dem hochgewachsenen und gut aussehenden Trenchcoat-Mann Huchel persönlich zu tun.
Und sie meinen es mit ihm noch immer so wohl, dass Kritik auch bei dieser gemeinsam mit dem Brandenburgischen Literaturbüro ausgerichteten Veranstaltung ganz außen vor blieb, nachdem Christian Brückner sein Werk „in crescendo“ glänzend vollendete: Poetische Werke wie „Herkunft“, „Bartok“ oder „Oktoberlicht“ gestaltend, schien er den Ton erst beim Lesen zu suchen, jederzeit sicher, jederzeit Brückner.
Unbestreitbar war das der ersprießliche Teil des Abends, denn anschließend begann ein unfruchtbares Memorieren: Wie kennen gelernt, welchen Eindruck in welcher Situation, dies und das, nichts zum Mitnehmen jedenfalls. Oder war es von Bedeutung, noch zu erfahren, dass der Lyriker seines Sohnes Stephan wegen, den man in der DDR alte Sprachen nicht studieren ließ, unbedingt gen Italien übersiedeln wollte, jedoch zögerte, weil es im Hubertusweg um Ehefrau Monica so viele Katzen gab?
Die Person des Wilhelmshorster Lyrikers wurde mit verschiedenen Lampen beleuchtet, etwa in seinem Verhältnis zu Johannes Bobrowski und dieses zu ihm, wodurch man den bekannten Satz bestätigt fand, dass Schriftsteller „unter sich“ wohl recht zänkische Leute sein müssten: Huchel förderte diesen, jener wandte sich von ihm ab, als man ihn als Chefredakteur bei der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ schasste, die er maßgebliche prägte. Vielleicht war auch ein wenig Weißwäscherei dabei, was Huchels Stellung zur Macht: der höchst eloquente Kirsten glaubte, Peter Huchel („nicht alle wissen, was ihm widerfahren ist“) habe dieselbe trotz einer unvollendeten Lenin-Eloge von 1954 „bis zur Selbstaufgabe“ ausgehalten. Als er Anfang der siebziger Jahre „nicht von der gesamtdeutschen Bewegung ablassen“ wollte, war er zur Zeit der friedlichen Koexistenz in Ost und West isoliert. Fazit: „Huchel hat seinen Kurs gehalten“.
Beim PEN-Mitglied Kirsten, welcher einst etwas epigonal zu „hucheln“ pflegte, sei Ende der sechziger Jahre Schluss mit der DDR gewesen. Naja, irgendwie waren ja alle ein wenig dagegen. Im letzten Teil der Veranstaltung ließ Kirsten „das Schöpfrad der Nacht“ sich drehen, Pupillen durch geschlossene Lider schimmern. Alles noch immer ziemlich verwölkt in seiner reichlich aufgerauten und körnigen Poetik – man behält einfach nicht, was er da schreibt. Höflicher Beifall.
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