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Potsdam-Mittelmark: Geschichte auf vier Rädern

Technikschau zum Feuerwehrjubiläum

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Beelitz - Das Wochenende hatte für die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Beelitz schon spektakulär angefangen: Jemand hatte Rauch im Wasserturm gemeldet. Mitten in den Vorbereitungen zur 110-Jahr-Feier rückten die Kameraden mit der Drehleiter aus, um einmal mehr ihre Pflicht zu erfüllen. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass es sich um einen Fehlalarm handelte. Die vermeintliche Rauchwolke am Dach des Beelitzer Wahrzeichens war nur ein großer Schwarm Fliegen (PNN berichteten).

Damit findet eine weitere Anekdote Eingang in den reichhaltigen Fundus von Geschichten rund um die Feuerwehr der Spargelstadt. Teil der Feierlichkeiten zum Geburtstag am Wochenende war eine Ausstellung historischer Fahrzeuge und antiker Feuerwehrtechnik. Und die bot alten und jungen Kameraden die ideale Kulisse für eine Rückschau.

Es war im Jahr 1896, als der damalige Bürgermeister die Handwerker der Stadt zusammenrief, um eine Feuerwehr zu gründen. „Vorher war jeder Bürger per Gesetz für bestimmte Aufgaben im Brandfall verpflichtet“, berichtet Wolfgang Kotsch. Er gehört zu einer der Beelitzer Feuerwehr-Dynastien und hat sich eingehend mit der Geschichte der hiesigen Wehr beschäftigt. Er und sein Vater Karl restaurieren seit über zehn Jahren historische Fahrzeuge und technische Ausrüstung. Jedes Teil ist ein Relikt und erzählt einiges über seine Einsatz-Epoche.

So die Handdruckspritzen, die hier bis in die 20er Jahre benutzt wurden. „Über die ganze Stadt verteilt standen Tienen, aus denen das Wasser bei Bränden genommen wurde“, erzählt Kotsch. 1926 erhielten die Beelitzer ihr erstes Feuerwehrauto vom Typ Brandenburg. Mit ihrer „Königin Luise“, so wurde das Gefährt getauft, konnten Einsätze in der ganzen Region gefahren werden – allerdings nicht ohne Probleme. Davon kündet das noch erhaltene Fahrtenbuch. „Im Winter 1927 gab es einen Feueralarm in einem Rittergut hinter Groß Kreutz.“ Um ein Uhr nachts rückte der Löschzug aus, allerdings kam man nur bis kurz hinter das Ortsschild – dann war der Kühler eingefroren. Im Heizhaus in Heilstätten wurde die unterkühlte Majestät wieder aufgetaut, „und als man morgens um sieben Uhr am Rittergut ankam, war das Feuer schon nicht mehr da“.

Das Auto ging nach dem Krieg nach Neuseddin, heute gibt es nur noch Fotos. Im Original erhalten ist aber ein Tragkraftspritzen-Anhänger von 1938 – in grün. Kotsch erklärt die befremdliche Farbe damit, dass die Freiwilligen Feuerwehren in jenem Jahr der Polizei unterstellt wurden. Bis dahin zählte die Wehr im Durchschnitt 70 Mitglieder, im Vergleich zu den 33 aktiven Kameraden heute eine beachtlich große Truppe. In den Kriegsjahren wurden die meisten von ihnen jedoch eingezogen, und so mussten die Frauen die Feuerwehrarbeit übernehmen. Ein Einsatz führte sie auch ins zerbombte Dresden.

Natürlich sind dies alles Überlieferungen. Aber es gibt auch Geschichten, die noch aus eigener Erfahrung erzählt werden konnten: Vom Mauerbau in Berlin, vom großen Waldbrand im Sommer 1974 oder vom Elbhochwasser 2002. Die Fahrzeuge, welche die Beelitzer dabei begleitet haben, gibt es alle heute noch: Im Bestand der Feuerwehr oder in der historischen Privatsammlung von Familie Kotsch. Thomas Lähns

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