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Potsdam-Mittelmark: Großeinsatz mit Kelle und Laser

Gestern „Komplexkontrolle“ der Beelitzer Polizei: 900 Fahrzeuge kontrolliert, 1000 „gelasert“ und über 10000 mittels Radar gemessen / Raserei bleibt häufigstes Vergehen

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Gestern „Komplexkontrolle“ der Beelitzer Polizei: 900 Fahrzeuge kontrolliert, 1000 „gelasert“ und über 10000 mittels Radar gemessen / Raserei bleibt häufigstes Vergehen Von Thomas Lähns Potsdam-Mittelmark. Montagmorgen auf der A9: Von den insgesamt sechs Fahrstreifen der Autobahn zwischen Berlin und München sind eigentlich nur drei befahren - jene in Richtung Bundeshauptstadt. Jede Menge Blech schießt über die Betonpiste in Richtung Norden. Kurz hinter der Landesgrenze, wo die Straße breiter wird, probiert sich so mancher Autofahrer links außen als Rallye-Pilot, während sich auf der rechten Spur die großen 30-Tonner vorwärts schieben. Mittendrin tanzen Kleintransporter über den Asphalt: überholen, bremsen ab, machen wieder Platz für den Hintermann. Auf einem Parkplatz hinter Klein Marzehns liegt die Polizei „auf der Lauer“. Beamte in langen, leuchtenden Mänteln mit großen weißen Mützen stehen an der Zufahrt und lotsen hin und wieder ein Fahrzeug mit der Kelle durch den sogenannten Geschwindigkeitstrichter auf das Gelände. In der Mischung aus Halbdunkel und frühherbstlichem Bodennebel herrscht reges Treiben. Fahrtenschreiber werden kontrolliert, Reifen geprüft, Personalien aufgenommen. 40 Einsatzkräfte sind vor Ort. Die Polizei führt eine „Komplexkontrolle“ durch, an der A2 und den Bundesstraßen B2 und 246 sind weitere Polizisten im Einsatz - insgesamt 120. Polizeihauptmeister Lothar Plantikow koordiniert die Vorgänge auf dem A9-Parkplatz. Seit fünf Uhr in der Frühe sind er und seine Kollegen hier, haben in den ersten zwei Stunden knapp 150 Fahrzeuge kontrolliert - Autos, Busse, Kleintransporter und Lkw. Der routinierte Beamte weiß um die Tücken einer dreispurigen Autobahn: „Zwischen den äußeren Spuren herrschen Tempodifferenzen von über 100 Stundenkilometern. Der Blick in den Spiegel reicht da nicht.“ Unangepasste Geschwindigkeiten bei Autos und zu geringe Sicherheitsabstände gerade bei Transportern seien häufige Unfallursachen - ebenso wie nicht eingehaltene Ruhezeiten. Beim heutigen Großeinsatz werden die Beamten des Schutzbereiches Brandenburg mit Verstößen, Vergehen und Ordnungswidrigkeiten aller Couleur konfrontiert. Eine kleine Gruppe hat sich um einen Mercedes versammelt. Der Fahrer ist gerade damit beschäftigt, den Inhalt seiner Reisetasche offen zu legen. Verdacht auf Drogenkonsum und -besitz. „Der Mann hat bereits zugegeben, gestern einen Joint geraucht zu haben“, erläutert Polizeikommissar Marko Banik. Der Schnelltest hat ebenfalls angeschlagen. Über Schweiß oder Speichel lassen sich Rauschmittel sofort nachweisen, die Menge jedoch kann erst ein Bluttest feststellen. Dieser wird sogleich angeordnet, ein Streifenwagen bringt den Mercedes-Fahrer ins Kreiskrankenhaus nach Belzig. Banik glaubt bei jungen Leuten einen Trend weg vom Alkohol hin zu Drogen zu erkennen. „Es gibt Leute, die haben 0 Promille und sind dennoch fahruntüchtig.“ In unmittelbarer Nähe hält ein alter Kleintransporter. Der Fahrer aus dem Sächsischen Annaberg fällt aus allen Wolken, als ihm gesagt wird, dass er normalerweise ein persönliches Kontrollbuch und einen Fahrtenschreiber dabei haben muss - schließlich wurde das bei ihm „zu Hause“ noch nie bemängelt. Rüdiger Hassenstein vom Amt für Arbeitsschutz gibt eine kurze Belehrung - er unterstützt heute die Polizei. „In erster Linie halte ich mich in solchen Fällen an die Unternehmer, die haben ja eine gewissen Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten“, sagt er. Aber auch gegen den Fahrer muss Anzeige erstattet werden – Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. 500 Euro wird der Chef daheim in Annaberg bezahlen müssen, eine Broschüre über die Sozialvorschriften im Straßenverkehr gibt es gratis dazu, für das nächste Mal. Ein Blick in den Laderaum des Transporters lässt Lothar Plantikow mit dem Kopf schütteln: Lose liegen Holzteile herum, die sich bei einer Vollbremsung zu gefährlichen Geschossen entwickeln können. „Ich wollte nur schnell zum Bäcker.“ Im Ortszentrum von Beelitz geht es derweil etwas ruhiger zu. Polizeihauptmeister Jürgen Graf und drei weitere Beamte haben neben den Schienen in der Brücker Straße Stellung bezogen. Sie nehmen Handy-Sünder und Gurtmuffel ins Visier, erhalten über Funk von einer Zivilstreife die Hinweise. „Roter Suzuki, Fahrerin nicht angeschnallt“, knistert es aus dem Sprechgerät. Der Polizist auf der Straße sieht das Auto bereits kommen, winkt es den Sandweg hinein. Mit einem Kopfnicken registrieren die Polizisten die Rechtfertigungsversuche der Beelitzerin: „Ich wollte nur schnell zum Bäcker.“ Die Ausreden seien immer die gleichen, sagt Graf. 30 Euro kostet die Fahrt ohne Gurt – ganz gleich wie kurz der Weg ist. Beim nächsten Auto haben es die Polizisten etwas schwerer, der Fahrer registriert nicht sofort die Anhalteaufforderung. Irritation oder womöglich ein Fluchtversuch? Mit einem kühnen Satz nach vorn kann Polizeiobermeister Günther Strehmel das Fahrzeug gerade noch so zum Anhalten bringen. Auch dieser Fahrer kommt um ein Verwarngeld nicht herum. Eine solche Verkehrskontrolle ist nur eine von vielen Jobs für die vier Beelitzer Beamten. „In erster Linie Zusammenarbeit mit den Bürgern“, beantwortet Graf die Frage nach der Kernaufgabe eines Revierpolizisten. Gegen 11 Uhr wird die Großkontrolle beendet, über Funk kommt die Aufforderung, zurück zur Beelitzer Wache zu kommen. Die Bilanz des Vormittags: Fast 900 Fahrzeuge wurden im Schutzbereich Brandenburg kontrolliert, 1000 Fahrzeuge „gelasert“ und über 10000 mittels Radar gemessen. Über 900 mal wurde zu schnell gefahren - „Raserei“ bleibe das häufigste Vergehen, heißt es aus dem Schutzbereich.

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