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Beide Folienfans. Ernst-August Winkelmann (l.) und Jürgen Schulze in Klaistow.

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Spargel-Debatte: „Gut gespielt und unglücklich verloren“

Spargelbauer Ernst-August Winkelmann und Anbauberater Jürgen Schulze zu dem verunglückten Spargeltest in Frankfurt (Main).

Stand:

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wurde vor einer Woche ein bitterer Test veröffentlicht: Drei Spitzenköche aus Frankfurt (Main) verglichen den Spargelgeschmack von Proben aus sechs Anbaugebieten. Beelitz hat am miesesten abgeschnitten. Herr Winkelmann, wie haben Sie das aufgenommen?

Winkelmann: Mir ist das Testergebnis unerklärlich. Ich dachte anfangs, das ist ein Gag. Wir haben hier in Klaistow jeden Tag Kunden und Gäste, die ihr Urteil abgeben. Es hat sich nie jemand negativ geäußert. Ich glaube auch immer noch, dass es mit dem Geschmack des Beelitzer Spargels, wenn er frisch und ordentlich zubereitet auf den Teller kommt, keine Probleme gibt. Das Urteil wird mit jeder Kaufentscheidung unserer Kunden gefällt, und nicht durch einen Versuch mit drei Gaumen.

War die Veröffentlichung Thema bei Kunden? Hat sich der Absatz verändert?

Winkelmann: Es hat mich kein Kunde darauf angesprochen. Aber ich habe Kunden gefragt. Es gab Leute, die das gelesen hatten. Sie haben mir gesagt, das sei Quatsch, sie wüssten selbst, wie unser Spargel schmeckt. Wir hatten auch keine Auswirkungen im Verkauf. Der Test ist keine Katastrophe. Ich fühle mich ein bisschen wie Bayern München: Wir haben gut gespielt und unglücklich verloren.

Herr Schulze, Sie beraten Dutzende ostdeutsche Spargelbetriebe und sind in der Saison jede Woche bei Buschmann und Winkelmann unterwegs. Wie geht die Beratung vonstatten, welche Spargelsorten spielen für Beelitz eine Rolle?

Schulze: Wir sprechen im Vorfeld über Sorten in Abhängigkeit von örtlichen Gegebenheiten. Wir sprechen über Anbauarten, Düngung und Bewässerung. Eine bestimmte Auswahl holländischer und deutscher Sorten sind deutschlandweit überall genauso im Einsatz. Es geht vorrangig darum, abhängig von der Bodengüte frühe und späte Sorten auszuwählen, um die gesamte Erntesaison mit vernünftiger Qualität abdecken zu können.

Das heißt, dass man davon ausgehen kann, dass bei dem Spargeltest dieselben Sorten auf dem Teller waren?

Schulze: Das hat die Frankfurter Allgemeine in ihrem Artikel leider nicht geklärt. Auch die Frische wäre so ein Thema, also wie lange der Spargel auf dem Transport war. Das spielt beim Geschmack eine entscheidende Rolle. Wenn man so einen Test macht, sollte der Spargel genauso frisch ein. Dann sollte möglichst dieselbe Sorte nach derselben Kochzeit serviert werden. Wenn man das nicht gleichschaltet, kann man den Spargelgeschmack nicht objektiv bewerten.

Winkelmann: Die wesentliche Komponente ist die Frische. Der Test wurde ja in Frankfurt am Main durchgeführt. Es haben alle süddeutschen Sorten gewonnen. Die Pfalz hat mit 149 Punkten gewonnen, dann Schrobenhausen in Bayern und natürlich das hessische Ried. Niedersachsen hat mit 90 Punkten nur einen Punkt mehr als Beelitz. Ich weiß nicht, wie der Spargel nach Frankfurt kam. Für eine solche Verprobung wäre es besser, dass man den Herkunftsbetrieben Bescheid sagt und jeder seinen besten Spargel bringt. Der Beelitzer Spargelverein wird das nächstes Jahr bei einem Test in Berlin so machen. Wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht, ist niemandem geholfen.

Wie unterscheidet sich Beelitzer Spargel überhaupt von anderem Spargel?

Schulze: Die wesentliche Rolle spielt tatsächlich die Frische. Wenn ich über kurze Wege und eine gute Organisation der Vermarktung das Produkt schnell zum Verbraucher bringen kann, habe ich viel gewonnen.

Die PNN haben zu dem Thema auch einen regionalen Spitzengastronom befragt. Eigentlich dachte die Redaktion, der wird den Beelitzer Spargel verteidigen, aber er meinte auch, dass der Geschmack unter Massenproduktion und der Ertragsmaximierung durch Folien gelitten hat. Herr Winkelmann, Sie sind ja der größte Spargelbauer in Brandenburg, fühlen Sie sich angesprochen?

Winkelmann: Nein. A: Der Spargel kommt mit der Folie nicht in Kontakt. B: Die Folie hat die Wirkung, dass wir das Licht vom Damm weghalten. Dadurch haben wir eine geringere Violettverfärbung. C: Die Folie hat eine steuernde Funktion für die Wachstumstemperatur. Wenn der Spargel bei Kälte langsam wächst, hat er mehr Bitterstoffe. Und D: Früher war bei Wind und trockenem Wetter die ganze Landschaft unterwegs, wir hatten erhebliche Bodenerosionen. Spargelfolien verhindern das, sie fördern das gleichmäßige Spargelwachstum und halten die Feuchtigkeit in den Dämmen. Das sind alles positive Effekte, die inzwischen 99,9 Prozent der europäischen Spargelbauern nutzen. Man kann sogar sagen: Wenn wir die Folie nicht hätten, würde sich das schlecht auf die Qualität auswirken.

Schulze: Auch zu viel Hitze kann sich negativ auf den Spargel auswirken, durch das Wenden der Folie auf die weiße Seite kann man das steuern, so wie wir das im Moment machen. Man hat auch weniger Wildkrautbewuchs im Bestand, das vereinfacht die spätere Bewirtschaftung. Es gab wissenschaftliche Untersuchungen dazu: Demnach hat der Folieneinsatz keinen Einfluss auf den Geschmack.

Kann es denn trotzdem sein, dass man bei dieser tonnenweisen Produktion den Überblick verliert und mal eine Charge rausgeht, die nicht so toll ist?

Winkelmann: Wir sind rauf und runter zertifiziert. Wir haben im Anbau und im Vertrieb Mitarbeiter, die nur für die Qualität zuständig sind, da wird jede Charge überprüft. Darüberhinaus ist es doch so: Beim Spargel ist ein Hektar ein Hektar, eine Reihe eine Reihe und ein Erntehelfer ist ein Erntehelfer. Ob ich das Produkt in einer kleineren oder größeren Halle aufbereite, spielt gar keine Rolle. Beim Spargel gibt es auch keine Massenproduktion: Selbst wenn die Flächen größer sind, ist der Flächenbesatz konstant. Jeder Landwirt macht das annähernd gleich. Aus einem Hektar im Beelitzer Sander wächst immer die gleiche, gute Qualität. Es geht auch nicht um groß und klein, sondern immer nur um die Zufriedenheit unserer Kunden. Brandenburg wäre im Spargelanbau nicht die Nummer drei in Deutschland, wenn die Anbaubedingungen in Beelitz nicht optimal wären und die Landwirte hier keine Qualität abliefern, die deutschlandweit mithalten kann.

Wie läuft das Spargeljahr sonst so?

Winkelmann: Wir hatten einen sehr guten Saisonstart und gleich zu Beginn sehr hohe Erntemengen. Der Großteil unserer Ernte ist eingefahren. Wir bei Buschmann und Winkelmann werden die letzten vier Wochen nicht mehr so viel Spargel liefern wie in den ersten vier. Bisher haben wir einen sehr, sehr guten Eindruck von unserem Spargel, ich habe sogar das Gefühl, dass er in diesem Jahr besonders gut schmeckt.

Das Interview führte Henry Klix

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Ernst August Winkelmann (48) hat mit Jörg Buschmann 1990 den Spargelhof Buschmann & Winkelmann gegründet. Das Unternehmen begann mit 11 Hektar, heute wird auf 400 Hektar Spargel angebaut. Jürgen Schulze (44) ist mit seiner Beratungsfirma Ubiga in Teltow der wichtigste Spargelanbauberater in den Neuen Ländern. Er berät auch viele Beelitzer Spargelbauern bereits seit 1996. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte am 20. Mai drei Spitzenköche zur Blindverkostung eingeladen. Der Beelitzer Spargel schnitt mit 89 Punkten am schlechtesten ab, der Pfälzer mit 146 am besten. hkx

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