Aus dem GERICHTSSAAL: Handschellen klickten noch im Gerichtssaal
Fünf Jahre Haft für massive, sexuelle Übergriffe auf Minderjährige / Wegen Fluchtgefahr sofortige Haft angeordnet
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Werder – Kurz vor der Urteilsverkündung nehmen drei Justizbedienstete im Verhandlungssaal Platz, sichern die Tür. Erkan Y.* (31) auf der Anklagebank wird schlagartig klar, das Gericht folgt der Ansicht der Staatsanwaltschaft. Dann verkündet die Vorsitzende der Jugendschutzkammer das Urteil: „Der Angeklagte wird wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch in drei Fällen, versuchter Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Missbrauchs Schutzbefohlener in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem wird wegen Fluchtgefahr erneute Untersuchungshaft angeordnet.“ Die Handschellen klicken dann noch im Gerichtssaal. „Sollen wir jemanden von Ihrer Inhaftierung benachrichtigen?“, fragt die Kammervorsitzende. Erkan Y. – von der verhängten Sanktion sichtlich geschockt – schüttelt den Kopf.
Der in Werder (Havel) lebende Türke hatte die Taten am ersten Verhandlungstag bestritten. Erkan Y. vermutete, seine Stieftöchter hätten die schweren Vorwürfe erfunden, um sich für eine auf Drängen seiner Familie in der Türkei erfolgte Verlobung zu rächen. Damals war er noch mit der Mutter der Mädchen verheiratet. (PNN berichteten.)
„Die Aussagen der Opfer sind glaubhaft“, so die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung. „Sie wären intellektuell gar nicht in der Lage gewesen, sich die Übergriffe so detailreich auszudenken. Sie stehen heute noch unter dem Eindruck, was ihnen vom Angeklagten angetan wurde. Durch sein Leugnen hat er es den jungen Frauen nicht erspart, die Vorfälle im Zeugenstand gedanklich noch einmal durchleben zu müssen.“
Seit Erkan Y. mit seiner 12 Jahre älteren späteren Ehefrau zusammenwohnte, habe er Vaterstelle an deren beiden noch im Haushalt lebenden Töchtern Carina* und Sandra* vertreten, sich um ihre Erziehung gekümmert und ihnen Geschenke gemacht. Anfang 1995 habe er versucht, die damals 15-jährige Carina im Schlafzimmer der Wohnung zu vergewaltigen. Das Mädchen konnte ihm jedoch entkommen, packte seine Sachen, zog noch am selben Tag zum Vater.
Im Sommer 1998 sei der Angeklagte zwei Wochen allein mit Sandra, damals 13 Jahre alt, bei seiner Familie in der Türkei gewesen. Hier habe er das Kind mehrfach zum Geschlechtsverkehr gezwungen, dies später über Jahre in Werder fortgesetzt, wobei er immer massiver vorgegangen sei, betonte die Vorsitzende. Aus Scham und da die Mädchen wussten, dass ihre Mutter blind vor Liebe zu dem neuen Mann war, hätten sie geschwiegen. Erst vor zwei Jahren habe sich Sandra einer Freundin ihrer Mutter anvertraut. Dann fand auch Carina den Mut zu reden.
Erkan Y. schüttelt während der Urteilsbegründung immer wieder den Kopf, schaut zu Boden. Seine Ex-Frau, mit der er nach eigenem Bekunden wieder zusammen wohnt, wartet vor der Tür des Verhandlungssaals. Sie bricht in Tränen aus. Als er abgeführt wird, scheint sie die Vorwürfe immer noch nicht zu glauben.
(*Namen geändert.) Hoga
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