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Potsdam-Mittelmark: Hilpert-Prozess: Fragen zur Rolle der ILB Brandenburgs Landesinvestitionsbank bewilligte neun Millionen Euro für Petzower Luxus-Hotel

Dass Abrechnungen gegen Förderrichtlinien verstießen, interessierte dabei nicht

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Potsdam - Im Betrugsprozess gegen Hotelier Axel Hilpert gerät die Investitionsbank Brandenburgs (ILB) in ein merkwürdiges Licht. Am Mittwoch wurde im Potsdamer Landgericht Vizereferatsleiter Elmar K. als Zeuge vernommen, der den 9,2-Millionen-Förderbescheid für das 36 Millionen Euro teure Projekt maßgeblich bearbeitet hatte – als einer von drei ILB-Betreuern für Großprojekte.

Zwar wies K. die Aussagen Hilperts zurück, dass das Förderinstitut von Anfang an in die Gesamtkonstruktion für das Resort Schwielowsee eingeweiht gewesen sei – mit diversen Firmen, inneren Gewinnbuchungen und fehlendem Eigenkapital. Aber in der fast siebenstündigen Vernehmung des Zeugen, der vom Vorsitzenden Richter Andreas Dielitz, aber auch den Verteidigern Heide Sandkuhl und Stefan König ins Kreuzverhör genommen wurde, tauchten Widersprüche auf.

So ignorierte die ILB offenbar frühe Warnsignale. Ein Tiefen-Controlling der eingereichten Rechnungen fand nicht statt. Zudem wurde publik, dass es im Wirtschaftsministerium und im Landesförderausschuss schon 2003 Bedenken zum Projekt gegeben hatte: wegen des anfangs nicht nachgewiesenen Eigenanteils, wegen der großen Bettenkapazität im Land und dem Förderrecht, das weitere Subventionen für Beherbergungsstätten nicht zuließ. Das Projekt wurde dann erst durch eine Ausnahmegenehmigung des damaligen Wirtschaftsministers Ulrich Junghanns (CDU) ermöglicht.

Die Anklage wirft dem früheren DDR- Devisenbeschaffer und Stasi-Mitarbeiter Hilpert vor, sich für das Resort Schwielowsee in Petzow betrügerisch 9,2 Millionen Euro an Fördermitteln erschlichen zu haben, indem er die Kosten über ein Firmengeflecht künstlich um mehr als13 Millionen Euro aufblähte. Zum Hintergrund: Die Fördermittel hatte die „Theodor Fontane Betriebs- und Besitzgesellschaft mbH“ beantragt und erhalten, an der Hilpert und der frühere Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje sowie weitere bekannte Größen wie Medienmanager Bernd Schiphorst beteiligt sind. Die „Fontane“ wiederum beauftragte die 100-prozentige Hilpert-Firma „Projektmanagement Petzow am See GmbH“ (PMPS) mit dem schlüsselfertigen Bau. Die PMPS stellte der „Fontane“ laut gestern zitierter Förderakte die Grunderwerbs- und Regiekosten, Bauinvestitionen und Hoteleinrichtung in Rechnung. Zentrale Frage im Prozess ist, ob Hilperts PMPS Gewinne einbuchen durfte – fürs „Nichtstun“, wie die Staatsanwaltschaft sagt.

Die ILB hatte im ersten Entwurf für den Förderbescheid vom Dezember 2003 „Gebühren und Gewinnaufschläge“ der namentlich genannten PMPS verbieten wollen. Nach Intervention Hilperts wurde die Klausel im Bescheid vom Frühjahr 2004 dann ohne namentliche Nennung formuliert: Im gültigen Förderbescheid heißt es, dass „Gebühren und Gewinnaufschläge“ von Firmen nicht gefördert werden, die mit der Fontane GmbH „verbunden oder sonst wirtschaftlich, rechtlich oder personell verflochten“ sind. Hilperts Verteidiger interpretieren das als Öffnungsklausel für die PMPS, die in keiner förderrechtlichen Beziehung zur „Fontane GmbH “ gestanden habe. Auch Hilpert hatte das in der polizeilichen Vernehmung so ausgesagt.

ILB-Mitarbeiter Elmar K. will den Bescheid dagegen enger gefasst haben, weil man keine Einsicht in alle Vertragsunterlagen bekommen habe. Im Widerspruch dazu steht, dass die ILB keinerlei Anstoß daran nahm, als die „Fontane“ für den Abruf der Millionen diverse Pauschal-Rechnungen von Hilperts PMPS präsentierte. Selbst auffällig runde Beträge wurden nicht hinterfragt: Für einen Pavillon stellte die PMPS zum Beispiel 40 000 Euro, für eine „Key-West-Tonne“ 10 000 und für Fahrradständer 15 000 Euro in Rechnung. Gewinnaufschläge seien ja „nicht erkennbar“ gewesen, sagte K. „Wir waren ja nicht bösgläubig.“ Und Vor-Ort-Kontrollen gebe es nur, „wenn ein Fall ausgelost“ werde. Selbst als der Rechnungshof 2008 die Förderung rügte, verzichtete die ILB laut einer verlesenen E-Mail auf eine „interne Prüfung“.

Hartnäckig hinterfragten Hilperts Anwälte gestern auch die Formulierung der Gewinn-Klausel im Förderbescheid: Elmar K. räumte „aus heutiger Sicht“ ein, dass sie umgedeutet werden könnte: Im Aktienrecht sind für „verbundene Unternehmen“ Beteiligungen von über 50 Prozent vorgesehen. Der Begriff „verflochtenes Unternehmen“ wird von Behörden zur Definition mittelständischer Firmen genutzt: Sind Großkonzerne zu weniger als 25 Prozent beteiligt, gilt das förderrechtlich noch nicht als Verflechtung.

Hilperts Anwälte argumentieren nun, dass Hilpert an der „Fontane GmbH“ nur zu 24,5 Prozent beteiligt ist – und sich damit auf der sicheren Seite wähnte. Dass habe er in seinem Förderantragsformular durch ein entsprechendes Kreuz deutlich gemacht, ohne dass es Widerspruch von der ILB gegeben habe.

Auch zur Vokabel „Gewinnaufschläge“ gab es Fragen. „Das könnte der Antragssteller missverstanden haben“, wie Elmar K. schließlich einräumte. Auch in der ILB gebe es zwei Deutungen: gleichbedeutend zum Gewinn oder als zusätzlicher Aufschlag zu einer marktgerechten Gewinnmarge. Er bezog sich dabei auf ein „Brainstorming“, dass am Dienstag zu dem Fall mit zwei Kollegen stattgefunden hatte – seiner Referatsleiterin und seinem Bereichsleiter. Beide sind noch als Zeugen geladen. Mit jedem Prozesstag, so war es bisher, tauchen neue Fragen auf.

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