Nach Russland abgeschoben: Hintze-Entführer kommt vorzeitig frei
Vierzehn Jahre lang saß der Hintze-Entführer Wjatscheslaw Orlow im Gefängnis. Jetzt kommt er vorzeitig frei, ein Jahr vor dem regulären Haftende.
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Potsdam / Schwielowsee - Das bestätigte Orlows Anwalt Karsten Beckmann den PNN am Donnerstag. Der 42-Jährige Orlow wird vermutlich in den kommenden Tagen in seine Heimat Russland abgeschoben. Seine Tat hatte 1997 bundesweit für Entsetzen gesorgt. Zusammen mit einem Komplizen hatte er den Geltower Matthias Hintze entführt und ihn qualvoll in einem Erdloch ersticken lassen. Noch nach dem Tod des 20-jährigen Opfers hatten die Entführer Lösegeld von den Eltern gefordert. Eine Million D-Mark hatten sie von den Geltower Gastronomen verlangt, die Übergabe scheiterte mehrfach.
Bereits zweimal hatte Orlow einen Antrag auf Haftverkürzung gestellt, zuletzt im Mai dieses Jahres. Die Strafvollzugskammer Cottbus hatte jedoch abgelehnt. Jetzt aber stimmte die zuständige Berliner Staatsanwaltschaft der Entlassung zu.
Kein Verständnis für die vorzeitige Entlassung zeigte der CDU-Landtagsabgeordnete Sven Petke. „Das ist ein absolut falsches Signal, vor allem vor dem Hintergrund des jüngsten Gewaltverbrechens am Berliner Alexanderplatz“, sagte er den PNN. Am Strafmaß selbst, das 15 Jahre Haft vorsah, übte Petke keine Kritik. Der Staat müsse sich in solchen Fällen aber konsequent zeigen – hier allerdings sei ein laxer und unverantwortlicher Umgang erkennbar. „Diese Milde kann ich nicht nachvollziehen.“
Eine vorzeitige Haftentlassung ist in den Augen von Anwalt Beckmann hingegen nichts Ungewöhnliches. Bei ausländischen Straftätern werde häufig so verfahren – aus pragmatischen Gründen, wie Beckmann vermutet. „Haftplätze sind schließlich teuer.“ Durch die Ausweisung des Täters bestehe quasi eine Rückversicherung: Sollte Orlow wieder nach Deutschland einreisen, müsste er das verbleibende Haftjahr verbüßen. Die Chancen auf eine Resozialisierung seien für Orlow in Russland deutlich besser als in Deutschland, so Beckmann. Das Land sei heute nicht mehr dasselbe wie vor 15 Jahren, zudem habe Orlow in seiner Heimat Familie.Die Psychotherapie, die Orlow während seiner Haft über anderthalb Jahre gemacht habe, spiele keine Rolle für die Entscheidung der Berliner Staatsanwaltschaft, so Beckmann. Weil er nach Russland abgeschoben werde, sei es auch unerheblich, dass ein Gutachten vor anderthalb Jahren nicht ausgeschlossen hatte, dass noch eine Restgefährdung von Orlow ausgehe. Auch das Landgericht Cottbus hatte im Mai erneut einen Gutachter gehört. Das brandenburgische Justizministerium wollte den Fall am Donnerstag nicht kommentieren und verwies auf die Berliner Staatsanwaltschaft.
Dass die jetzt für den Orlows Entlassung zuständig ist, hängt mit einer zweiten Tat zusammen: Zwei Jahre, nachdem Orlow und sein Komplize Sergej Serow vom Landgericht Potsdam zu vierzehn Jahren und sechs Monaten verurteilt worden waren, stellte man bei der Berliner Staatsanwaltschaft die Verbindung zu einer anderen Entführung fest: Man hatte es als erwiesen angesehen, dass die damals 31 und 41 Jahre alten Männer auch den 50-jährigen Computerhändler Alexander Galius verschleppt hatten. Obwohl die Russen dies bestritten, galten sie als eindeutig überführt, das Berliner Landgericht verhängte im November 2001 die höchstmögliche Gesamtstrafe von 15 Jahren.
Bei der Ausländerbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald bereitet man derzeit die Rückführung Orlows nach Russland vor. Wann er seine Reise antreten wird, sei aber völlig offen. „Ob das noch im Oktober stattfindet, können wir im Moment noch nicht sagen“, so eine Sprecherin der Behörde.
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