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KulTOUR: Hip-Hop der Barockzeit Intime Barock-Kompositionen im Schloss Caputh

KulTOUR Schwielowsee · Caputh - Als Leichtgewichte können Solo- und Duo-Kompositionen im Zeitalter des Absolutismus bezeichnet werden. Kirchen- und Staatsmacht verlangten nach pompösen Werken wie Oper und Oratorium, um ihren Glanz zu reflektieren.

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KulTOUR Schwielowsee · Caputh - Als Leichtgewichte können Solo- und Duo-Kompositionen im Zeitalter des Absolutismus bezeichnet werden. Kirchen- und Staatsmacht verlangten nach pompösen Werken wie Oper und Oratorium, um ihren Glanz zu reflektieren. Die Idee des Individuums war nach kurzem Vorspiel in der Renaissance wieder untergegangen. Gleichwohl gab es auch im Barock intime Kompositionen. Einige stellten Irene Klein, Viola da Gamba, und Hans-Werner Apel, Theorbe und Barockgitarre bei den „Caputher Musiken“ vor. Unter dem strengen Blick des Großen Kurfürsten erklang im ausverkauften Festsaal des Schlosses Caputh eine „kleine Musik der Könige“, die viel Beifall hervorrief. Selbstverständlich gehörten Musiker zu den absolutistischen Höfen. Ludwig der XIV. musizierte sogar selbst auf der Gambe. Auch im Spanien des 17. Jahrhundert förderten die Habsburger Feste und schöne Künste, vor allem benötigte man Tänze. Zahllos sind die Tanzsuiten jener Zeit, paneuropäisch übrigens auch. Irene Klein und Hans-Werner Apel ließen am Samstag einige auf ihren Originalinstrumenten erklingen. Wohl wegen ihrer exzentrischen Taumeleien beliebt waren die „Follias“ – Variationensätze ohne Melodie, dafür mit virtuosen Verzierungen und rhythmischen Basslinien. Ein ausgeprägtes Beispiel war die Follia von Gaspar Sanz, die von Irene Klein markant dunkel fundamentiert wurde, mit flammenden Gitarrenakkorden im Flamencostil von Hans-Werner Apel begleitet. Die „Follias“ des französischen Hofgambisten Marin Marais erschienen vergleichsweise konventionell und in der Wiedergabe elegisch. Der beliebteste Tanz jener Zeit war die Sarabande, die mit irdischem dreiviertel-Takt die Lebensgeister aus den abgemessenen Schrittfolgen der geraden Metren erweckte. Sarabanden können geradezu als Hip-Hop des 17. Jahrhunderts gelten, wenn sie auch langsamer waren. Eine schleppend-vorwärtstastende Gangart ist zu ihrem Markenzeichen geworden. Klein und Apel spielten mit Hingabe viele Sarabanden, Giguen, je einen Canario und eine Tarantella sowie einige der beliebten melancholischen „Airs de Cours“, rokokohaft ziselierte Lieder. Die hochbegabte Gambistin entlockte ihrem Instrument Klänge vom elegischen Näselton bis zu kräftigen Basslauten und wartete mit einer stupenden Technik auf. Hans-Werner Apel, Mitbegründer der Berliner Lautten-Compagney, beeindruckte mit funkelnd-hellem, feurigen Spiel auf Barockgitarre und Theorbe, der exotisch anmutenden Doppelhalslaute. Mit je einem Solowerk von Robert de Visée und von Le Sieur de Machy, ihres Zeichens königlicher Gitarrist und Gambist am Hof Ludwig des XIV., stellten Irene Klein und Hans-Werner Apel ihr kultiviertes Virtuosentum einmal mehr unter Beweis. Dem großen Kurfürsten hätte diese Musik sicher auch gefallen.

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