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Potsdam-Mittelmark: „Ich fahre hin, rede mit den Bürgern und höre zu“

Bürgermeisterkandidatin Claudia Tittel über die Offensive Schwielowsee, die Caputher Mitte und Erkundungen in Geltow und Ferch

Stand:

Sie haben die Offensive Schwielowsee mitbegründet und wurden dann von der SPD und der Offensive als Bürgermeisterkandidatin für die Wahl am 24. Oktober nominiert. Es hieß, dass die Ziele nahe beieinander liegen. Warum sind Sie dann nicht alle in die SPD eingetreten?

Die Offensive ist vor allem aus den Bürgerinitiativen gewachsen. Dass sind alles Leute, die sich keiner Partei anschließen wollen. Es gab die Überlegung, einen bündnisgrünen Ortsverband zu gründen. Wir haben uns dann aber entschieden, lieber selbst unsere grüne, kommunalpolitische Bewegung zu gründen. Für mich persönlich hat es auch etwas mit meiner Vergangenheit in der DDR zu tun: Da war ich eher oppositionell eingestellt und sympathisierte mit der Bürgerbewegung, auch wenn mein politisches Bewusstsein zur Wendezeit gerade erst erwachte.

Wie kam es zu Ihrer Kandidatur?

In den Bürgerinitiativen war man über den Politikstil in der Gemeinde enttäuscht. Ich habe das am eigenen Leib mit dem Blütenviertel erfahren: Am Anfang wurden wir mit unseren Ideen im Rathaus freundlich begrüßt, dann wie Störenfriede behandelt. Daraus hat sich auch die Kandidatur entwickelt. Wir wollten mit dem Wahlkampf die Offensive mit ihren Zielen bekannter machen. Weil wir wussten, dass die SPD einen Kandidaten sucht und es gute Kontakte gab, haben wir uns zusammengetan.

Welche konkreten Vorläufer hatte die Offensive Schwielowsee?

Keine Vorläufer, aber unsere Mitglieder waren an vielen Initiativen beteiligt: gegen das Wasserflugzeug auf dem Schwielowsee, gegen die Havelspange über den Templiner See und die Baumfällungen in der Straße der Einheit. Das Engagement für das Blütenviertel habe ich auch als eine Art Bürgerinitiative betrachtet.

Capuths Ortsvorsteher Jürgen Scheidereiter sieht das anders: Er hat Ihnen indirekt vorgeworfen, politische und wirtschaftliche Ziele zu vermengen. Was möchten Sie dem als Geschäftsführerin und Gesellschafterin der Blütenviertel KG entgegenhalten?

Die Blütenviertel KG wurde gegründet, um Schaden von der Gemeinde abzuwenden und ein Riesen-Einkaufscenter mit Nullachtfünzehn-Wohnsiedlung auf der Gewächshausbrache zu verhindern. Das hätte auch dem gültigen Rahmenplan für Caputh Mitte widersprochen, der noch unter dem Caputher Bürgermeister Grütte im Jahr 2003 aufgestellt wurde. Herr Grütte hatte begriffen, dass es sich um das Herzstück von Caputh handelt. Zu den Planungszielen gehört, dass der Rundweg um den Caputher See über das Blütenviertel geschlossen wird. Dazu gehört die Idee für einen kleinen Festplatz und öffentliche Nutzungen. Es muss um und ein qualitätsorientiertes, nachhaltiges und ökologisches städtebauliches Konzept gehen. Dazu gehört dann auch, den Verbindungsgraben zwischen Caputher See und Havel zu renaturieren. Es klingt vielleicht absurd, dass eine Bürgerin für die Gemeindeziele eintritt, aber es ist tatsächlich so. Der Gedanke hinter der KG war, dass sich Caputher engagieren, Ideen einbringen und Anteile erwerben können. Inzwischen gibt es mit Lothar Hardt einen Investor, der die städtebaulichen Ideen auf anderem Wege umsetzen möchte. Sobald es soweit ist, wird die KG aufgelöst.

Sie sind in der Kommunalpolitik ein neues Gesicht. Als Caputherin sind Sie mit Problemen in Caputh vertraut, aber wie sieht es mit Ferch und Geltow aus?

Das ist ganz einfach: Ich fahre hin, rede mit den Bürgern und höre zu. Meine städtebauliche Ausbildung hilft mir, die Probleme schnell zu erkennen. Als wir uns in der Offensive mit dem Entwurf des Flächennutzungsplans beschäftigt haben, bin ich zu allen Ecken in den Ortsteilen geradelt. Da habe ich zum Beispiel gesehen, dass es keinen Geltower Recyclinghof im Landschaftschutzgebiet geben darf. Und eine Abbiegespur an der Baumgartenbrücke ins Leere zeigt, wie konzeptionslos in der Gemeinde teilweise herangegangen wird. In Ferch wird dringend eine Einkaufsmöglichkeit benötigt, da muss man über Konzepte nachdenken. Ganz wichtig für Ferch wird sein, in die Tarifzone Berlin ABC zu kommen.

Der Solidarpakt läuft in den nächsten zehn Jahren schrittweise aus. Das Land kürzt schon jetzt die Fördermittel, weil die Einwohnerzahlen zurückgehen und Einnahmen wegbrechen. Wofür muss in Schwielowsee immer Geld da sein?

Da stimme ich mit dem Roland Büchner überein: für Kitas und Schulen. Aber ich denke auch: Wenn ich einen Plan habe, wo ich mit der Gemeinde hin will und wenn ich es schaffe, die Bürger zu mobilisieren, bekomme ich auch die erforderlichen Gelder für die Projekte zusammen. Man muss die Leute vor Ort ansprechen und mehr Bürger in die Verantwortung nehmen für die Politik in der Gemeinde. Da schlummern noch Potenziale.

Das Interview führte Henry Klix

ZUR PERSON

Claudia Tittel (36) stammt aus dem thüringischen Kahla und lebt seit zwei Jahren mit Familie in Caputh. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Graphik in Leipzig und arbeitet als Unternehmensberaterin. Vor sechs Jahren promovierte die Kunst- und Kulturwissenschaftlerin in Berlin, ihre Forschung konzentriert sich auf Klang- und Medienkunst sowie Stadtplanung.hkx

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