Potsdam-Mittelmark: Idylle am Schwielowsee
Museum der Havelländischen Malerkolonie öffnet morgen in Ferch seine Pforten
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Schwielowsee – Gewaltige Kreidefelsen, Klöster, uralte Gräber und ehrwürdige Gotteshäuser aus der Romanik und Gotik findet der Maler rund um den Schwielowsee nicht. Das Einfache ist hier zu entdecken, die stillen Wege und Wiesen, einsam stehende Häuser oder herb wirkende Kiefernwälder. Künstler kamen nach Ferch, Caputh und in andere Orte, erlebten für sich die Landschaft als besonders malerisch. Sie waren vielleicht froh, dass die Gegend nicht „vorbelastet“ war, wie beispielsweise die vielfältige Insellandschaft auf Rügen. Der gestalterischen Fantasie war hier mehr Spielraum gegeben.
Die künstlerische Entdeckung des Schwielowsees und seiner Umgebung von Malern um 1900 kann ab morgen in Ferch betrachtet werden. Das in der Ortsmitte stehende reetgedeckte Kossätenhaus, ein Fachwerkbau aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wurde in den vergangenen Monaten umfassend saniert und als Museum der Havelländischen Malerkolonie gestaltet. Die Eröffnung findet anlässlich des Kulturlandjahres „Provinz und Metropole / Metropole und Provinz“ statt. In den beiden unteren Räumen präsentiert man in einer Dauerausstellung Gemälde, die hin und wieder auch ausgewechselt werden.
Auf dem ausgebauten Dachboden soll später eine Dokumentation zu sehen sein, in der Künstlerfreundschaften, die früheren Wirtshäuser oder die Fahrverbindungen von Berlin in die Orte rund um den Schwielowsee näher beleuchtet werden.
Ein ansteigender Tourismus und mit ihm zahlreiche Künstlerbesuche setzte ein, als 1908 erstmals eine Eisenbahn Richtung Caputh und Ferch fuhr, von der Metropole in die Provinz. Natürlich fanden vorher bereits Maler und Grafiker den Weg an den Schwielowsee, oftmals auch über das Wasser.
Stefanie Krentz, die Kuratorin des Museums, das von dem 2002 gegründeten Verein „Havelländische Malerkolonie“ e.V. betrieben wird, hat sieben Künstler für die Ausstellung ausgewählt, vielleicht die wichtigsten, die sich in und um Ferch ansiedelten oder die Sommerfrische genossen. Doch Magnus Zeller, der jahrzehntelang in Caputh seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt fand, wird zwar erwähnt, aber mit seiner Kunst ignoriert. Nicht nur gesellschafts- und sozialkritische Bilder stammen von ihm, sondern auch idyllische Landschaften.
Karl Hagemeister, Carl Schuch, Theo von Brockhusen, Theodor Schinkel, Carl Kayser-Eichberg, Hans von Stegmann und Stein, Arthur Borghard und Hans-Otto Gehrcke sind die Künstler, deren Gemälde im Museum zu finden sind. Wegen der räumlichen Enge kann Stefanie Krentz nur ein bis drei Bilder von jedem Maler vorstellen. Sie sollen die Havelländische Malerkolonie repräsentieren, die heute fester Bestandteil des Marketingkonzepts der Schwielowsee-Gemeinde ist. Allerdings war dieses Künstlerzentrum nie so fest gefügt wie in anderen berühmten Kolonien, beispielsweise in Nidden, Worpswede, Ahrenshoop oder im dänischen Ort Skagen. Die Künstler, von wenigen Ausnahmen abgesehen, haben sich eher sporadisch in Ferch, Caputh oder Geltow aufgehalten.
Der Werderaner Karl Hagemeister, der mehrere Jahre auch in Ferch lebte, darf in solch einer Ausstellung nicht fehlen. Sein großformatiges Gemälde „Auffliegen der Fischreiher“ aus dem Jahre 1888 zieht den Betrachter mit seinem Ausschnitt dramatischer Naturereignisse sofort in den Bann. Dieses Werk ist, wie weitere Bilder, eine Leihgabe von privaten Sammlern, andere wurden u.a. von der Stiftung Stadtmuseum Berlin, vom Kunsthandel Seidel und Sohn Berlin zur Verfügung gestellt.
Auch der Verein der Havelländischen Malerkolonie, der bis jetzt zehn Bilder in seinem Besitz hat, konnte somit Kunstwerke beisteuern. Beispielsweise das mit prägnantem Pinselstrich gemalte farbig flirrende „Bauerngehöft am Kornfeld“ von Arthur Borghard (1910). Zur großartigen bildnerischen Auswahl gehören der unterschiedlich beleuchtete „Hochweg“ des Hagemeister-Freundes Carl Schuch oder die oftmals an den Malstil Vincent van Goghs erinnernden Panorama-Ansichten von Baumgartenbrück Theo von Brockhusens.
Auch der „Schleppzug auf der Havel“, den Carl Kayser-Eichberg mit rauchenden Schloten und dichten Qualmwolken stimmungsvoll malte, oder die silbrig schimmernden Winterlandschaften von Hans-Otto Gehrcke geben einen bewegenden Einblick in die Idylle der Schwielowseelandschaft, zwar mit Bildern von gestern, doch auch heute so noch erlebbar.
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