KulTOUR: In bester Gesellschaft
Lovis Corinth, Ernst Barlach, Otto Dix, Dali und mehr in der Nudower Kirche
Stand:
Nuthetal - Nur eine Stunde nach der Vernissage war das meiste bereits mit dem roten Punkt markiert. Verkauft sind Curt Mühlenhaupts „Eure Durchlaucht“ und „Alle Züge fahren nach Moskau“, die signierte Radierung „Das Gastmahl“ von Lovis Corinth, die Exponate von Ernst Barlach, Otto Dix, die beiden Dali und so vieles mehr. Es ist bereits die siebte Bilderausstellung vor Ort, organisiert von Thomas Engelhardt, Chef des hiesigen Gemeindekirchenrates, und der Berliner Galeristin Ursula Hollop, langbewährt. Auch Altbischof Martin Kruse ließ es sich nicht nehmen, persönlich vorbeizuschauen, denn hier gewinnen alle: Die Nudower haben ihr jährliches Kultur-Highlight, die Galeristin nimmt ihren Teil und gibt, wie immer, der Kirchgemeinde das Ihre.
Auch der Kulturtourismus bis zum Oktober hin ist nicht ganz zu verachten. Es ist ja auch wieder mal das Extra vom Extra, wofür Ursula Hollop sogar etwas länger sammeln musste, schließlich galt es, das umfangreiches Thema „Beziehungen“ darzustellen. Aber auch dieses Mal gibt sich die Kunst-Elite gleich dreier Jahrhunderte die Ehre. Woher kommen all diese Bilder? Man glaubt es gar nicht, sie alle werden in Berlin gehandelt! Deshalb tauchen sie dort unter und beispielsweise in Nudow wieder auf, und weil das Spiel stets weitergeht, wird niemals ein wirklicher Mangel entstehen.
Seit Anbeginn legt Ursula Hollop größten Wert auf die Melange. Zeitlich reicht ihre Offerte vom 18. Jahrhundert in die unmittelbare Gegenwart, und wieder ist von Ölbild und Grafik bis zur Kohlezeichnung alles vertreten. Schon beeindruckend, jetzt auch Namen wie Alfred Schmidt und Eberhard Trodler neben Käthe Kollwitz, Otto Dix und „Brücke“-Mitbegründer Schmidt-Rottluff zu finden. Da sind die Hiesigen wirklich in bester Gesellschaft. Zum Katalog – „AE 1839“ spendierte das Titelbild – wieder nur ein Wort: Sammler-Qualität! Vielleicht ein paar Köder, selbst wenn bereits der rote Punkt (Chagall und Rembrandt sind sowieso unverkäuflich) daran klebt: Eine direkte Empfehlung der Galeristin ist der 1934 in New York verschiedene Joseph Scharl. Sammler rissen sich um die Arbeiten des Dürerpreisträgers von 1929, er sei genauso „im Kommen“ wie die 1907 geborene Hanna Nagel. Nicht ganz so populär ist ein romantisches Pastell-Fragment aus dem 19. Jahrhundert von „Unbekannt“, oder die herrliche Farblitho mit den Seifenblasen-Kindern um 1920, gleichfalls unbenamst. Ernst Barlach ist diesmal auch mit Porzellanfigur einer jungen Russin vertreten, zu ihr wird bestimmt bald jemand seine persönliche Beziehung gründen.
Kluge Melange sorgt auch 2010 bis ins Gestühl hinauf dafür, dass die großen Namen den Besucher nicht blenden. Überall ist erste Klasse zu sehen, wunderbare Biedermeier-Szenen, Holländer wie Jakob Ochterveit aus dem 18. Jahrhundert, wenig Bekanntes aus dem Vergangenen, Dietrich Lusicis witzige Hommage an Picasso etwa. Und eben die beiden Heutigen gleich von Nebenan. Letztlich aber kommen selbst in Nudow Kunst- und Verkaufswert nicht ganz zusammen, sonst wäre zum Beispiel der georgische Anonymus, welcher Christus und den Fischer so eindrucksvoll für das vorige Jahrhundert pastellierte, längst in Gesellschaft der Großen bekannt.
Gerold Paul
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