zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: In fliegenden Nestern zu Hause

Eva-Maria Hagen zu Gast in Werder

Stand:

Werder - Am bekanntesten hierzulande ist sie wohl als Schauspielerin. Einst und unvergesslich in „Vergesst mir meine Traudel nicht“. Und jetzt neu in einer Filmreihe, die der Brandenburgische Filmverband als Reverenz an unvergessliche Lebensleistungen aus der Taufe gehoben hat: Mit dem von Werner W. Wallroth 1976 inszenierten DEFA-Film „Liebesfallen“ gastierte die Hagen kürzlich in Werders „Scala“-Kino.

Sie hat so vieles noch vor und sie schöpft aus einem unversiegbaren Reservoir an Lebenserfahrung - Eva-Maria Hagen, Schauspielerin, Autorin, Malerin, Sängerin. Ob Kultur ins Umland gebracht werden muss, wie Projektmiterfinderin Katharina Riedel es benennt, oder ob es so ist, dass die schnelllebige Zeit die Sehnsucht nach Bleibendem mit sich bringt, bleibt dahingestellt. Jedenfalls fanden die Veranstalter bei den Kinofreunden in Werder ein gut gefülltes Haus und eine herzliche Atmosphäre.

Die Hagen ist trotz der Bühne hautnah und sie ist, das ist spürbar, gern hier, „das ist ein bisschen wie nach Hause kommen“. Im Gespräch über ihr Künstlerleben ist sie von entwaffnendem Charme, und als sie dann zart und so jung zur Gitarre singt von Liebe und Leben und liest aus ihrem neuen, dritten Buch „Eva jenseits vom Paradies“, ist die Hagen ganz bei sich. Lieder sind Quelle ihrer Inspiration. Angefangen hat sie bei Brecht, da war sie blutjung und das gab ihr die geistige Richtung. Geprägt wurde sie von Biermann – zum Beispiel in der Art, dem Wort im Liede Platz zu geben.

Überhaupt hat der junge und der alte Wolf Biermann viele Schnittstellen im Leben der Eva-Maria Hagen. Ohne Bitternis blickt sie zurück auf die Zeit, in der sie mit Biermann beruflichen und privaten Repressalien in der DDR ausgesetzt war. „Alles, was das Leben lebendig macht, das mag ich am liebsten“, so ihr Credo. Sensationelle Schlagzeilen brauche sie nicht, liebe sie auch nicht und tauge dafür nicht.

Zögerlich und immer mit der Möglichkeit, es vielleicht doch lieber zu lassen, öffnet sich die Hagen, während im Kinosaal inzwischen der Film läuft. Ab und zu geht sie kurz in die Loge, um zu spüren, wie er denn läuft, ihr Film. Sie ist entzückt und gerührt, Schauspielerkollegen aus DEFA-Zeiten wiederzusehen. Dann bleibt sie, erzählt über die Kraft, die es zum Leben braucht, über die Schwachen und Wankelmütigen und über die, mit denen der Ehrgeiz durchging.

Nein, sie habe keine Rachegefühle, damit belaste sie sich nicht. Sie habe sich, als die Mauer gebaut wurde, auch von Fotografen mit der Gitarre in Pose auf Panzer setzen lassen, naiv und ohne wirklich etwas zu wissen von politischen Zusammenhängen. Sie habe dann einfach immer gute Leute getroffen und Gelegenheit gesucht mehr zu erfahren. Ja, sie wäre stark, woher sie das habe, wisse sie nicht, „vielleicht unter anderem von der Ur-Eva“, kichert sie. Sie genieße es, manchmal verehrt zu werden wie eine Göttin, „so ein Glück, so ein Reichtum“.

Sie fände ihr Zuhause bei Menschen und unterwegs, „fliegende Nester“. Dann breite sie ihre Flügel aus, um Schutz zu geben. Sie hätte mal Jemandem gesagt, mit dreißig fange das Leben überhaupt erst an. Da hätte sie was angerichtet, „da war die doch erst achtzehn“.

Sie könne gut mit jungen Leuten und gebe ihnen gern ein bisschen Wind unter die Flügel, erst im November habe sie eine Radiosendung gemacht, „Klassik-Pop-et cetera", da habe sie wunderbare Talente vorgestellt und zusammen mit populären Künstlern und Klassik à la Orff und Chopin präsentiert – sie nennt Namen zum Merken: Suzanna Meyer, Maria Deborah Wolf, Marie Biermann. Träume könne jeder haben und Gefühle würden nicht mit dem Älterwerden verschwinden. Davor müsse niemand Angst haben. Sie wünsche sich, dass der Kopf klar bleibt.

Demnächst gastiert die Hagen in der Berliner „Bar jeder Vernunft“ als Fräulein Schneider in „Cabaret“, erstmal zieht sie aber mit den „Reverenzen“ des Filmverbandes weiter durch Brandenburg.

Magda Gressmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })