zum Hauptinhalt

DasWAR“S: In weiten Shorts auf den Spuren Waldemars

DasWAR“S Warum Peter Könnicke für Olympia rennt und brennt Als Zehnjähriger bekam ich das erste Mal eine Ahnung, was Olympia bedeutet. In Moskau fanden gerade die olympischen Sommerspiele statt und meine Mutter kam in den Garten hinter unserem Haus gerannt und rief: „Der Cierpinski hat schon wieder gewonnen!

Stand:

DasWAR“S Warum Peter Könnicke für Olympia rennt und brennt Als Zehnjähriger bekam ich das erste Mal eine Ahnung, was Olympia bedeutet. In Moskau fanden gerade die olympischen Sommerspiele statt und meine Mutter kam in den Garten hinter unserem Haus gerannt und rief: „Der Cierpinski hat schon wieder gewonnen!“. Zum zweiten Mal nach 1976 war Waldemar Cierpinski Marathon-Olympiasieger geworden. Ich konnte mich nicht erinnern, dass meine Mutter zuvor überhaupt einmal über Sport geredet hatte. Ich habe seitdem keine Olympiade mehr verpasst. Und einen Marathon bin ich inzwischen auch schon mal gelaufen. Am Mittwoch habe ich in Berlin die Olympische Fackel getragen. Ein Kollege hatte mich dafür vorgeschlagen. Keine Ahnung, wie er das begründet hat. Ich glaube nicht, dass der Hinweis, fünf Olympiaden intensiv am Fernseher verfolgt zu haben, den Ausschlag gegeben hätte. Jedenfalls saß ich mit 20 anderen Fackelläufern am Mittwochnachmittag in einem Bus am Waterlooufer in Berlin-Kreuzberg. Die amerikanischen Organisatoren des weltweiten Staffellaufes hatten alles genau geplant und uns zur Sicherheit anderthalb Stunden vor unserem Einsatz in den Bus gesteckt. Um die Zeit zu überbrücken, sollten wir uns vorstellen. Neben mir saß die ehemalige Turnerin Karin Janz, die in Mexiko und München sieben Olympiamedaillen gewonnen hat. Ich begann an meiner Eignung als Fackelträger zu zweifeln. Okay, dachte ich, 1972 ist lange her. Dann hatten wir da einen Hockeyolympiasieger von Barcelona. Das war 1992. Der Nächste beruhigte mich etwas: Er war Leiter eines Berliner Männerchors. Die Busladung entpuppte sich schließlich als bunte Truppe: Einer hatte sich im Internet beworben, ein anderer bei einer Boulevardzeitung. Ein Samsung-Mitarbeiter hatte besonders viele Computer verkauft und wurde von seiner Firma zum Dank auf die Strecke geschickt. Und zwei Marketing-Miezen von Coca Cola waren schlicht deshalb dabei, weil ihr Arbeitgeber den weltweiten Staffellauf bezahlt. Ich habe versucht mir einzureden, dass das Ganze nur eine Riesen-Show ist, eine gigantische Reklamenummer für Coca Cola und Samsung-Elektronik und dass ich in meinen zu großen Shorts der Fackellaufuniform wahrscheinlich lächerlich aussehen werde. Aber es ist mir nicht gelungen, den olympischen Geist kleinzureden. Ich fühlte mich großartig. Selbst als die beiden Marketing-Blondinen im Bus ständig den Cola-Slogan „Make it real“ schrien, bröckelten meine Ideale von Olympia nicht. Ich habe mich gefragt, woran ich wohl denken werde, wenn ich die Fackel tragen. Vielleicht an Waldemar? Ich habe mir vorgenommen, jeden Meter zu genießen und mir klar zu machen, dass es wahr ist. Was ja nichts weiter heißt als: Make it real!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })