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Potsdam-Mittelmark: Inspiration aus Feldern, Wiesen und Auen

Der Langerwischer Musiker Axel Kottmann will alte Volkslieder zum Leben erwecken

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Michendorf · Langerwisch - Wenn Axel Kottmann über Musik nachdenkt, dann bietet Langerwisch die ideale Kulisse. Ein beschauliches Dorf im Märkischen, Kiefernforst, weite Felder und mittendrin eine Mühle. Die Kirche ist das höchste Gebäude weit und breit und restaurierte, Vierseiten-Höfe säumen die Dorfstraße, die ja eigentlich „Neu-Langerwisch“ heißt. In der Mittagsglut wird das Korn gedroschen, die Menschen gehen ihrer Arbeit nach. Vielleicht summen oder pfeifen sie dabei ein altes Lied – wo könnten Volkslieder schöner klingen als hier?

Und wo sonst könnte man sich noch an sie erinnern? Das beschäftigt Axel Kottmann, während er vor seinem Haus im Schatten sitzt. Der 52-Jährige wohnt seit drei Jahren mit seiner Familie im Ort. Obwohl er Zeit seines Lebens Musiker war, ist die Liebe zur Volksmusik noch eine recht junge. Sie meint für ihn ausschließlich das historisch gewachsene Liedgut, nicht die Meterware aus dem „Musikantenstadl“. „Das sind höchstens Volksschlager.“ Vor knapp einem Jahr hat er sich mit ein paar alten und neuen Freunden zusammengesetzt und beschlossen, die Volksmusik zu beleben. „Schöne Weile“ – der zufällig entstandene Name der Gruppe entspricht der Zeit, die sie gemeinsam auf der Bühne oder im Studio verleben.

Zehn Musiker aus allen Ecken der Bundesrepublik lassen dabei den deutschen Liederkanon auf moderne Musik treffen, paaren die Klänge alter Instrumente wie Schalmei und Dudelsack auf Elektro- und Bassgitarre. Axel Kottmann spielt in dieser Formation den Bass, darüber hinaus Klavier, Tuba, Posaune und Geige. Bereits Vater und Großvater haben musiziert. An der Hochschule der Künste in Berlin hat Kottmann dann Musik studiert und ist seitdem auch am Grips-Theater angestellt. Seit geraumer Zeit spielt er nebenbei in dem Jazz-Trio „3+1“ und ist damit unter anderem in Belzig oder Langerwisch aufgetreten.

Wie kommt man unter diesen Voraussetzungen zur Volksmusik? „Wir haben in andere Länder geschaut. In der dortigen Pop-Musik aber auch in der Klassik werden immer wieder Volkslieder interpretiert.“ Es sind heitere, traurige, kritische, tiefgründige Texte, die es auch hier gibt. Sie werden kaum noch gesungen. Dass diese Volkslieder so stiefmütterlich bedacht werden, erklärt Kottmann mit der deutschen Vergangenheit. Nach den Erfahrungen, wohin überzogener Patriotismus führen kann, war es unbequem bis unmöglich, auf alte Lieder zurück zu greifen, in der DDR noch mehr als in der Bundesrepublik. Aber auch dort beschränkte sich das Repertoire weitgehend auf Herzschmerz oder Frohsinn. Lieder wurden nur noch oberflächlich gesungen und wahrgenommen. „,Hoch auf dem gelben Wagen'' ist eigentlich eine Moritat und nicht gerade fröhlich“, so der Musiker.

Bei den ersten Auftritten, unter anderem bei einem Radio-Fritz-Konzert in der Hauptstadt, habe Kottmann ein erstauntes Publikum erlebt. „Viele haben die Texte erst da richtig verstanden“, das hätten Gespräche nach dem Konzert gezeigt. Seinen größten Fan hat Axel Kottmann aber unter dem eigenen Dach. Die 12-jährige Josina ist sehr stolz auf ihren Papa, zumal sie mit ihrer Klasse im hauseigenen Tonstudio Texte schreiben und singen kann. Die „Song-Schreibwerkstatt“ ist ein Projekt ihrer Schule in Potsdam. „Es ist toll, einen Vater zu haben, der Musiker ist“, sagt Josina. Sie spielt Klarinette und Klavier, ihre jüngere Schwester Gitarre.

Und so kann es passieren, dass, wenn es Abend wird in Langerwisch, die Familie gemeinsam musiziert. So wie einst in dem kleinen Dorf in der Mittelmark.

Im Internet unter:

www.schoene-weile.de

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