zum Hauptinhalt
Wie viel Hilfe brauchen Zuwanderer im Landkreis? SPD, Linke, FDP und Grüne fordern einen hauptamtlichen Beauftragten.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Integration spaltet Koalition

SPD und FDP unterstützen Antrag für hauptamtlichen Beauftragten, CDU und FBB sehen keinen Bedarf

Stand:

Potsdam-Mittelmark - Der Einsatz eines hauptamtlichen Integrationsbeauftragten für Menschen mit Migrationshintergrund im Landkreis spaltet die Kreistagskoalition. Während FDP und SPD einen entsprechenden Antrag der Opposition befürworten und sogar mit unterzeichnet haben, sehen Union und die Fraktion „Freie Bürger und Bauern“ für eine solche Stelle keinen Bedarf. Entsprechend knapp fiel das Votum in der Sitzung des Sozialausschusses am Donnerstagabend mit vier Ja- und drei Nein-Stimmen aus. Im Kreistag würde die Zustimmung von Linken, Grünen, Liberalen und Sozialdemokraten aber allemal reichen.

Bislang ist die Beratung von ausländischen Mitbürgern im Landkreis ein Ehrenamt. Erst im August hat die 28-jährige Ulrike Kasten diesen Posten von ihrem Vorgänger übernommen. Schon da kam die Diskussion auf, innerhalb eines Jahres die Stelle zu erweitern. Der Umfang ist jetzt mit 30 Wochenstunden angesetzt, Personalkosten: 36 100 Euro. Die Aufgaben sollen von der Beratung in Lebensfragen über die Vermittlung diverser Freizeit-, Job- und Hilfsangebote bis hin zur Werbung bei hiesigen Firmen für Beschäftigte ausländischer Herkunft reichen. Die neue Bezeichnung „Integrationsbeauftragter“ werde dem gerecht, hieß es im Sozialausschuss.

Als „an den Haaren herbeigezogen“, bezeichnete Bodo Puschner (CDU) die Argumentation der Antragsteller. In Großstädten wie Berlin sei eine hauptamtliche Stelle sinnvoll, nicht jedoch im Landkreis. Er lehnte den Antrag ab, ebenso wie sein Fraktionskollege Reinhard Mirbach und Wolfgang Kroll (FBB). Tatsächlich sind die Zahlen überschaubar: Laut Statistischem Landesamt wurden 26 Menschen im Jahr 2008 hier eingebürgert. 2007 waren es 43, im Jahr davor 19. Laut Ausschussvorsitzender Astrid Rabinowitsch (Linke) gehe es aber auch um jene, die in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland leben und immer noch Schwierigkeiten hätten, sich zurechtzufinden. „Auf den Integrationsbeauftragten wird viel Arbeit zukommen, das Pensum dürfte die 30 Stunden sogar übersteigen“, sagte sie. Manfred Lindicke (SPD) unterstrich den Bedarf mit Verweis auf seine Erfahrungen aus Berlin. Die Kinder von Zuwanderern könnten sich oft nicht integrieren, weil die Familienverhältnisse es nicht zulassen würden. Auch diese Argumentation befanden CDU und FBB nicht für schlüssig. Bodo Puschner: „Wer sich in der dritten Generation noch nicht integriert hat, will es auch nicht.“

Die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund im Landkreis ist kaum zu beziffern. Eine Umfrage von 2006 hat ergeben, dass auf fünf Prozent der Brandenburger diese Bezeichnung zutrifft: Zugewanderte und eingebürgerte Ausländer, Spätaussiedler oder Leute, die aus halb- oder nichtdeutschen Partnerschaften stammen. Jeder Vierte von ihnen ist in der Bundesrepublik geboren, ein Viertel sind Jugendliche unter 18 Jahren. Zum Vergleich: In Berlin haben 25 Prozent aller Bürger einen ausländischen Hintergrund, in einigen Bezirken sind es sogar über 60.

Mit ihrem Antrag sind die vier Fraktionen einer Empfehlung der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg, Karin Weiss, gefolgt. Die hatte in der vorangegangenen Sitzung des mittelmärkischen Sozialausschusses erklärt, dass die Integrationsarbeit immer wichtiger werde. Menschen mit Migrationshintergrund würden nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels hierzulande bedeutender werden. Jeder fünfte von ihnen hätte einen Hochschulabschluss – der allerdings in Deutschland nicht immer anerkannt werde. Dadurch wachse die Verantwortung für die Integrationsbeauftragten. „Dies ist nicht mehr durch ein Ehrenamt abzudecken“, heißt es auch in der Antragsbegründung. Thomas Lähns

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })