
© M. Thomas
Von Pakistan nach Michendorf: Jibran Khalil ist Ehrenamtler des Monats
Jibran Khalil floh vor drei Jahren aus Pakistan. Nichtstun, Ausspannen kennt er nicht. Wo er kann, hilft er – vor allem anderen Flüchtlingen.
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Michendorf - Das mit dem Ehrenamt sieht Jibran Khalil locker: Das beginne schon morgens, wenn er aus der Haustür trete, sagt der junge Pakistani, der vor drei Jahren nach Deutschland flüchtete. Heute Morgen zum Beispiel, da habe er auf dem Weg zur Bushaltestelle einen jungen Flüchtling getroffen, kurz mit ihm geredet. Am Ende hatte der junge Mann die Handynummer des 28-Jährigen in der Tasche, „falls er mal Hilfe braucht“. Auch Omas helfe er mit schweren Einkaufstaschen. Lehnten sie ab, sei das kein Problem für ihn. „Ich denke nicht negativ.“ Der Mann mit den schwarzen Locken und dem breiten Lächeln nimmt das Leben gelassen. Auch wenn man mit Blick auf seine vollen Tage etwas anderes denken könnte: Er engagiert sich beim Verein Jugendliche ohne Grenzen, ist Mitglied im Integrationsbeirat des Landkreises und im Flüchtlingsrat Brandenburg und hat zwei Jobs. Für sein Engagement wurde Khalil jüngst von Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) als „Ehrenamtler des Monats“ ausgezeichnet.
Für Khalil ist das, was er macht, nichts Großartiges. In Pakistan wurde er politisch verfolgt, aus der größten pakistanischen Stadt Karatschi kam er nach Eisenhüttenstadt in die Erstaufnahmestelle des Landes. Seither ist er im Land viel unterwegs. Angefangen hat alles in Eisenhüttenstadt, erzählt er. Er half dort bei Verständnisproblemen weiter. „Ich spreche sechs Sprachen, davon vier pakistanische.“ In Pakistan sind mehr als 50 Sprachen verbreitet. Man kann sich kaum vorstellen, wie der junge Pakistani die Landessprachen spricht, schon auf Deutsch redet er so schnell, dass man genau zuhören muss, um den Faden nicht zu verlieren. Sein Deutsch ist gut: „B2-Niveau“, sagt er stolz. Vormittags arbeite er, nachmittags lerne er Deutsch. Gezahlt wurde ihm nur der Anfängerkurs. Khalil überlegt kurz und kann sich den Seitenhieb dann doch nicht verkneifen: „Auch mit der Ehrenamtsauszeichnung kriege ich keinen Integrationskurs.“ Alle weiteren Deutschkurse finanzierte er selbst.
Was genau passierte, will er nicht sagen
Sich organisieren, vernetzen, Dinge vorantreiben, das kann Khalil gut. Ruhig sitzen, nichts tun, ausspannen – das fällt ihm schwer. Und so wurde er auch nach seiner Ankunft im Teltower Flüchtlingsheim in der Potsdamer Straße schnell aktiv. Half bei der Tafel aus, bei der Obdachlosenhilfe. Schon in Pakistan engagierte er sich in Nichtregierungsorganisationen, „ich habe dort auch deutsche Sachen gemacht“, erzählt er, organisierte unter anderem ein deutsches Kulturprogramm. Sein Engagement sei es auch gewesen, weshalb er in Pakistan aneckte. Was genau passierte, will er nicht sagen. Er winkt ab, man sei doch jetzt im Hier und Heute. Das sei es, was zähle. In Pakistan hat er einen Abschluss in Verwaltungswissenschaften gemacht. Heute steht er mehrmals im Monat in der Küche einer Burger-Kette. „In Kleinmachnow, da bei der Autobahn“, präzisiert er.
Es ist ein Job, der ihn nicht beschämt. Wieso auch? Es ist Arbeit, er verdient sein eigenes Geld und kann sich dadurch mittlerweile auch eine eigene Wohnung in Michendorf leisten. Besonders stolz ist Khalil aber auf seinen zweiten Job, den er seit Herbst vergangenen Jahres hauptsächlich macht: „Ich bin Verwaltungsmitarbeiter beim Aktionsbündnis Brandenburg, halbe Stelle“, sagt er. Bei dem Bündnis, das sich gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzt, könne er einiges, was er im Studium gelernt habe, anwenden.
„Ich habe ein Namensproblem“
Khalils Telefon klingelt. Es ist ein Freund, der wissen will, wo man sich wegen der Anerkennung von Berufsausbildungen beraten lassen kann. Es gibt wenige Bereiche, in denen der junge Pakistani nicht weiterhelfen kann. Er weiß, wie man eine eigene Wohnung findet, was zu tun ist, wenn man einen Arzt braucht, kann helfen, wenn es um die Suche nach einem Arbeitsplatz geht. Für die Arbeit bei der Fast-Food-Kette hätte er „so viele Dokumente“ besorgen müssen, da könne er sein Wissen doch anderen Flüchtlingen weitergeben. Kurze Zeit später blinkt eine Kurznachricht auf: Andere Flüchtlinge haben zugesagt, am Abend zu ihm zum Filmschauen zu kommen. Khalil braucht sein Engagement, er findet dadurch neue Freunde, interessante Kontakte. Das alles, so wirkt es jedenfalls, macht ihm Spaß.
Bei so vielen Vereinen und Bündnissen dabei zu sein, so viele Menschen zu kennen, da komme er leicht durcheinander. „Ich habe ein Namensproblem“, sagt er und grinst. Aber auch dafür hat er eine Lösung. Wenn ihm ein falscher Name rausrutscht, sagt er, dass er noch nicht so gut integriert sei. Integration seien viele kleine Schritte und die brauchten Zeit. „Mit Herzlichkeit und Sympathie geht es am besten.“
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