
© Björn Stelley
Prozess: Flüchtling in Teltow von Landsmann erstochen: Kaltblütig und vorsätzlich
Wegen der Tötung seines Landsmannes im Teltower Übergangswohnheim wurde ein Somalier zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Im Prozess kam die dunkle Vergangenheit des Täters ans Licht. Doch viele Details bleiben ungeklärt.
Stand:
Teltow/Potsdam - 19 Mal stach er auf seinen am Boden liegenden Landsmann ein, kaltblütig und gezielt von hinten in Hals und Kopf – angesichts der Schwere und Brutalität der Tat fiel das gestern am Potsdamer Landgericht gefällte Urteil im Prozess um die Tötung des 21-jährigen Asylbewerbers Yusuf M. im Teltower Übergangswohnheim entsprechend hoch aus: 11 Jahre und 6 Monate muss der Somalier Cheikh Nour Jamac Mohamoud wegen der Tötung des jungen Mannes, mit dem er sich zuletzt das Zimmer 4.13 in dem Heim geteilt hatte, in den Knast.
Damit folgte das Gericht weitgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer am vergangenen Freitag eine Haftstrafe von 12 Jahren gefordert hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Mohamoud, der in den vergangenen Jahren mehrmals die Identität gewechselt und sich zuletzt Nur Shik genannt hatte, den 21-jährigen Yusuf M. im gemeinsamen Zimmer im Teltower Übergangswohnheim am Morgen des 5. Mai 2015 auf brutale Weise niedergestochen und dabei getötet hatte. Anschließend habe der Angeklagte das Gelände an der Potsdamer Straße in Teltow verlassen und war kurze Zeit später auf der Landesstraße 40 in Höhe Abfahrt Babelsberg von Polizisten aufgegriffen worden. Das blutige Messer habe er noch in einer Socke verstaut am Hosenbund getragen.
Die Absicht zu töten
Warum Mohamoud alias Nur Shik seinen Mitbewohner tötete, blieb auch bis zur gestrigen Urteilsverkündung unklar. Mohamoud hatte behauptet, er sei mit dem Tode bedroht gewesen und habe aus Notwehr gehandelt. Dem folgte das Gericht nicht. Weder hätten die Sachverständigen Abwehrverletzungen feststellen können, noch gäbe es andere Indizien, die die Aussagen des Somaliers stützten. Vielmehr habe er mit großer Wucht und der Absicht, zu töten, mit dem 20 Zentimeter langen Messer auf seinen Mitbewohner eingestochen. Dieser erlag schlussendlich einem Kollaps der Lunge und wurde später am Morgen von einem weiteren Mitbewohner des Heimes in dem Zimmer in einer großen Blutlache liegend aufgefunden. Zeugen für die Tat gab es indes nicht.
Mohamoud hatte während des mehrere Monate andauernden Prozesses den Ermittlern und Verfahrensbeteiligten immer neue Geschichten über seine Identität und Herkunft aufgetischt. Auch das Gericht musste sich letztlich mit dem zum Teil widersprüchlichen Angaben des Angeklagten zufrieden geben, vieles blieb bis gestern unklar. Nach dem, was bekannt ist, soll der 35-Jährige in einer Kleinstadt in Somalia bei seiner Mutter aufgewachsen sein, den Vater habe er nie kennengelernt. Für sechs Jahre habe er eine Schule besucht, später eine Lehre zum Elektriker absolviert. In der Zeit von 1998 bis 2006 soll er für die somalische Regierung gearbeitet, eine Militärausbildung genossen haben.
Über die dunkle Vergangenheit
2008 verließ er Somalia mit einem Schiff in Richtung Jemen und sei dabei mit Piraten in Kontakt gekommen. Schon im Laufe des Prozesses kam die dunkle Vergangenheit des Somaliers ans Licht. Wie er selbst offenbarte und im Weiteren anhand von Fingerabdrücken und mithilfe französischer Behörden nachgewiesen werden konnte, war Mohamoud bereits vorbestraft und hatte bis zum Januar 2014 in Frankreich eine Freiheitsstrafe verbüßt. Gemeinsam mit sechs weiteren somalischen Piraten soll er 2008 das französische Ehepaar Delanne im Golf von Aden mit ihrer Yacht entführt und ein Lösegeld von 1,4 Millionen US-Dollar erpresst haben. Mohamoud war zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, wegen der sexuellen Nötigung einer Justizbeamtin soll die Strafe sogar noch um weitere zehn Monate verlängert worden sein.
Nach seiner Entlassung habe sich Mohamoud auf den Weg nach Deutschland gemacht, wurde in Frankfurt/Main und in Gießen registriert und lebte eine Zeit lang in Trier und Berlin, bevor er im Januar nach Frankfurt (Oder), von dort nach Eisenhüttenstadt und schließlich ins Übergangswohnheim nach Teltow kam. Seine Aufenthaltsfrist endete im Mai, nur wenige Wochen nach der Tat.
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