Gerichtsprozess: Subventionsbetrug in Brandenburg: Keine Hochseejachten für den Zernsee
Zwei Unternehmer von Rügen sitzen auf der Anklagebank des Potsdamer Amtgerichts. Sie wollten am Zernsee in Werder einen Standort für 20 Luxusjachten ausbauen. Das Vorhaben wurde mit 1,25 Millionen Euro aus Brandenburg gefördert. Doch die Staatsanwaltschaft zweifelt an der Umsetzung.
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Werder (Havel)/Potsdam - Sie bekamen 1,25 Millionen Euro Fördermittel aus Brandenburg für einen neuen Charterbetrieb mit 20 hochseetauglichen Booten in Werder. Doch die Luxusjachten waren von Anfang an nur an der Ostsee zu leihen. Seit Mittwoch sitzen zwei Unternehmer aus einem Ort bei Putbus auf Rügen (Mecklenburg-Vorpommern) deshalb auf der Anklagebank des Potsdamer Amtsgerichts. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Subventionsbetrug.
Errichtung nur vorgespielt
Die beiden Geschäftsleute hätten nur vorgespielt, am Zernsee in Werder einen neuen Standort errichten zu wollen. Von Anfang an wollten sie die bis zu 14 Meter langen Bavaria-Jachten nur an der Ostsee anbieten, heißt es in der Anklage. Steffen F. wird als Geschäftsführer eines Charterunternehmens beschuldigt, im Subventionsantrag an die Landesinvestitionsbank ILB vorsätzlich falsche Angaben gemacht zu haben. Verkauft hat ihm die Boote laut Anklage Hajo T., Geschäftsführer eines Jachthändlers aus demselben Rügen-Ort, der auch am Förderantrag beteiligt gewesen sein soll.
Die Jachten mit bis zu zwei Metern Tiefgang sind noch dazu, sagte Staatsanwalt Tom Köpping gestern, um 174.000 Euro künstlich überteuert gewesen. Sowohl die Angabe des Investitionsortes als auch der Investitionshöhe von 2,5 Millionen Euro für Boote und Büroeinrichtung seien deshalb falsch gewesen.
Angeklagte streiten Vorwürfe ab
Rechtsanwalt René Neumeister verlas im Namen der beiden Angeklagten eine Erklärung, in der die Vorwürfe bestritten werden. Die Investition sei in Werder erfolgt und das Ziel, am Zernsee eine Betriebsstätte zu errichten, sei mit der Förderung erfüllt worden. Dort würden die geförderten Jachten jetzt im Winter lagern – übrigens an einer Adresse in den Havelauen, an der ein Werderaner Jachthändler seit Jahren seinen Sitz hat. Auch die fünf versprochenen Arbeitsplätze seien dort geschaffen worden, so Neumeister.
Erst während des Förderverfahrens sei festgestellt worden, dass ein Bootscharterbetrieb in Werder mit Hochseejachten nicht wirtschaftlich zu betreiben gewesen wäre. Bei Messen habe sich gezeigt, dass es „keine nennenswerte Nachfrage“ danach gebe. Deshalb sei die Vercharterung nach Rügen verlegt worden, das Winterlager sei mit Service- und Wartungsleistungen in Werder geblieben.
Auch die Idee für eine anfangs geplante Segelschule sei verworfen worden, laut Neumeister, weil angesichts günstigerer Vereinsangebote in diesem Bereich kein gewerblicher Bedarf dafür bestand. Neumeister bestritt in der Erklärung auch den Vorwurf der Anklage, dass die Hochseejachten nicht für Binnengewässer tauglich wären. Der Preis sei auch nicht künstlich überhöht gewesen, vielmehr habe Hajo T. das günstigste Angebot für den Erwerb der Boote unterbreitet.
Kaum ein Arbeitsplatz geschaffen
Dass die beiden Unternehmer zusammenarbeiten, bestritt Neumeister nicht und sprach von „Schnittstellen im Tagesgeschäft“. So habe Hajo T. auch für die andere Hälfte des Investitionsbetrages für das Werder-Projekt gebürgt, für den Steffen F. einen Kredit bei der Commerzbank aufnehmen musste. Mit dem Förderantrag habe Hajo T. nichts zu tun gehabt.
Der Fall war ein besonders bezeichnender von 37 Fällen, die Brandenburgs Landesrechnungshof in seinem Bericht 2012 gerügt hatte. Bei einem monströsen Förderprogramm für Luxusjachten waren in den Jahren 2007 bis 2010 insgesamt 18,3 Millionen Euro ausgereicht worden, wobei laut Landesrechnungshof kaum ein Arbeitsplatz geschaffen wurde. Die Jachten selbst wurden und werden zu vierstelligen Wochenmieten verliehen. Das Förderprogramm wurde nach dem Bericht gestoppt, in Mecklenburg-Vorpommern wurde der Jachtenkauf von Charterfirmen nie bezuschusst, wie es damals aus dem dortigen Wirtschaftsministerium hieß.
Vierter Teil der Summe im April überwiesen - trotz Ermittlungen
Allerdings hatte der Bericht – auch nach einer rechtlichen Prüfung und Anhörung bei der ILB – nicht dazu geführt, dass Steffen F. die Fördermittel zurückzahlen musste. Im Gegenteil: Die vierte und letzte Tranche von über 60.000 Euro bekam er im April 2015 ausgereicht, als die Staatsanwaltschaft bereits ein halbes Jahr in dem Fall ermittelte. Die Förderauflage, dass sich die Jachten überwiegend im Land Brandenburg befinden müssen, sei ja mit dem Winterlager in Werder erfüllt gewesen, sagte eine ILB-Referatsleiterin, die am Mittwoch als Zeugin geladen war. Der Staatsanwaltschaft sieht das anders.
Richterin Reinhild Ahle sagte, dass sich allerlei Fragen anschließen würden. Die beiden ursprünglich angesetzten Verhandlungstage werden – vor allem angesichts der, wie sich gestern zeigte, zahllosen Beteiligten bei der ILB – nicht ausreichen. Der Prozess soll erst nach der Sommerpause fortgesetzt werden. Er wurde übrigens nicht durch den Landesrechnungshofbericht, sondern erst durch die Strafanzeige eines Berliner Rechtsanwalts ausgelöst, dessen Mandant anonym bleiben will – aus Sicht der Angeklagten ein neidender Mitbewerber.
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