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Potsdam-Mittelmark: Keine leichte Kost

Kino gegen Gewalt: Gelungene Veranstaltungspremiere der Initiative „Wir kümmern uns selbst“

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Michendorf - Die Premiere ist gelungen: Zahlreiche Michendorfer, vor allem Jugendliche, waren am Sonnabend der Einladung der Initiative „Wir kümmern uns selbst“ (Wikus) und des Michendorfer Jugendparlaments (JuPa) in das Gemeindezentrum Apfelbaum gefolgt, um sich hier im Rahmen eines Kinoabends mit dem Thema Gewalt auseinander zu setzen. Gezeigt wurde der schwedische Jugendfilm „Evil“, der sich dieses Problems auf besonders dramatische Weise annimmt. Die rege Diskussion im Anschluss hat gezeigt: In Michendorf scheut man sich nicht, Konflikte offen anzusprechen.

Und es wird über Strategien nachgedacht, wie man ihnen entgegen wirken kann. Das „Kino gegen Gewalt“ ist eine davon und nach der durchweg positiven Resonanz am Wochenende kann daraus eine ganze Veranstaltungsreihe erwachsen. Initiatorin Christiane Balke arbeitet auch in der Projektgruppe Wikus mit und ist hier mit ihrer Idee auf offene Ohren gestoßen. „Das Thema ist brisant und aktuell wie nie zuvor“, sagt sie. Der Netzwerk-Gedanke ist in Michendorf längst nicht mehr nur Theorie: Im Rahmen von „Wir kümmern uns selbst“ arbeiten engagierte Bürger, Sozialarbeiter und die Gemeinde zusammen an Möglichkeiten, das Klima im Ort zu verbessern. Am Sonnabend waren auch Gemeindevertreter und Mitarbeiter der Verwaltung dabei.

Mit dem Film „Evil“ hatten sich die Veranstalter keine leichte Kost ausgewählt: Der vor drei Jahren für den Oscar nominierte Film spielt im Schweden der 50er Jahre und handelt vom 16-Jährigen Erik. Vom Stiefvater zuhause verprügelt, wird auch für ihn Gewalt zur Norm. Nachdem er deshalb von der Schule fliegt, ist ein Internat die letzte Chance, das Abitur zu erlangen. Hier jedoch herrschen die älteren Schüler nahezu uneingeschränkt über die jüngeren. Einschüchterungen und Schläge sind an der Tagesordnung. Dies ist Teil der offiziellen Hierarchie und so muss Erik andere Wege finden, sich zur Wehr zu setzen.

Dass hier die verschiedenen Formen von Gewalt – häusliche, psychische und körperliche – so plakativ dargestellt werden, wurde vom Publikum gelobt. Eigene Erfahrungen wurden geäußert – so berichtete ein Mann über die Prügel, die er selbst in der Schulzeit einstecken musste – und auch die Ratlosigkeit aufgezeigt, die einen manchmal erfasst. Gewalt könne zur Spirale werden, aus der man nur schwer herauskommt, sagte ein Mädchen. Im Film wurde diese Spirale aus körperlichen Übergriffen und ihrer Duldung durch das Umfeld der Schule aufgebrochen, indem Erik damit droht, die Vorfälle öffentlich zu machen. Ein Prinzip, das man in Michendorf längst verinnerlicht hat: Um Gewalt zu verhindern, wird darüber geredet.

Das Jugendparlament – erst vor einem halben Jahr gegründet – profiliert sich dabei als einer der wichtigsten Partner. „Oft werden pauschale Vorwürfe gemacht wie: Die Jugendlichen haben nichts zu tun und hängen nur in der Bushaltestelle rum. Das nervt“, sagte JuPa-Abgeordnete Kirstin Neumann. Leider würden die Vorwürfe aber zum Teil stimmen, ergänzte ihr Kollege Constantin Schmidt. Die beiden nutzten die Gelegenheit, um ihre Arbeit vorzustellen und um Nachwuchs zu werben. Im Moment beschäftigt sich das Jugendparlament mit den Plänen, einen Sportplatz in Wilhelmshorst und dauerhafte Jugendtreffs in Stücken und Fresdorf zu schaffen.

„Wir werden von der Gemeinde sehr ernst genommen“, bilanzierte Kirstin Neumann im Interview. So erhalten die Mitglieder regelmäßig Einladungen und Sitzungsprotokolle der gemeindlichen Gremien und werden in den Ausschüssen auch um Stellungnahmen für bestimmte Themen gebeten, welche die Jugend in der Gemeinde betreffen. Viele Punkte im Michendorfer Jugendarbeitskonzept würden die Handschrift der Jugendlichen tragen. Bei den Altersgenossen wollen die JuPa-Abgeordneten Interesse für das Leben in der Gemeinde wecken. Constantin Schmidt brachte es so auf den Punkt: „Damit die Bushaltestelle auch Bushaltestelle bleibt und nicht zum Jugendtreff wird.“Thomas Lähns

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