KulTOUR: Kunst für nur einen Tag
Kunstsonntag als „Bilder-Spektakel“ mit fast hundert Ausstellern und drei Mal so vielen Exponaten
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Teltow - Was da an Aufwand, Fleiß und Liebe aufgewendet werden musste, um den 3. Teltower Kunstsonntag aus dem Boden zu stampfen, weiß die ehrenamtliche Arbeitsgruppe um den Galeristen Dieter Leßnau wohl nur allein. Die knapp hundert Künstler aus sehr Nah und sehr Fern wird es einfach nur gefreut haben, Populatität ist in ihrem Fach etwas mehr als der halbe Einsatz.
Teltow und seinen Besuchern von hier und von dort wurde von 10 bis 18 Uhr sozusagen ein Achtstundentag „Kunst zum Nulltarif“ geboten, was auch in diesem Jahr Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) und Hinrich Enderlein (FDP) in die Bütt rief, das Ganze und die Teile sehr zu loben. Schon vor dem Rathaus, neben dem Stubenrauch-Denkmal saß ein nackter Alter aus Bronze, er sann wohl darüber nach, wie viel Kunst die Altstadt wohl noch vertrüge. Waren im letzten Jahr achtzig Aussteller aus dem In- und Ausland beteiligt, so ihrer siebenundneunzig jetzt – die Werkzahl lag weit über dreihundert. Bequem sind die acht Veranstaltungsorte zu erreichen, einmal nur musste man die Potsdamer Straße queren, um zur christlichen Gemeinde zu kommen. Sonst war und hielt sich alles dicht beisammen, Kunst kompakt von St. Andreas bis zur Awo, vom Rathaus bis zur Galerie Altstadthof. Ganz nebenbei war zu entdecken, dass Teltow mehr zu bieten hat als diese stark frequentierte Durchgangsstraße nach Berlin.
Leichter Nebel lag anfangs noch über der Stadt, und der diesjährige Teltowkanal-Halbmarathon hatte noch nicht begonnen, man hörte nur rhythmische Pfiffe. Die übten wohl noch. Vor dem Rathaus weitere Skulpturen, eine wassergefüllte alte Eisenpfanne mit drei Keramikköppen darin und dem Spruch, ihnen stünde „das Wasser bis zum Halse“. Kann man ja verstehen.
Drinnen dann wurde man angesichts dieser fast schon bedrückenden Bildervollversammlung eher ratlos. Wer zählt die Künstler, nennt die Namen! Einige der Werke sah man erst in anderen Ausstellungen, andere sah man noch nie. Man traf bekannte Gesichter, um zu erfahren, dass selbst Künstler ziemlich neidisch sein können, wenn es beispielsweise darum geht, wer wie viele Bilder wo hin hängt. Aber eigentlich war ja alles ganz nett. Die Sozialstation vom Oberlinhaus hatte zum Anlass ihr Büro geräumt, in St. Andreas, wo siebzehn Uhr das Abschlusskonzert begann, waren noch hinter dem Altar die Bilder gestellt, und wer zur richtigen Zeit ins Bürgerhaus kam, der konnte alle Siebenundneunzig bei einer gesponserten Speisung erleben. Künstler-Fütterung sozusagen – schöne Geste! Mit dem Betrachten hunderter Bilder fast in Gleichzeitigkeit ist das allerdings so eine Sache. Kein noch so groß gewählter Rahmen könnte einen „repräsentativen Querschnitt“ durch die zeitgenössische Kunst geben, Maler gibt es ja wie Sand am Meer, ihre Bilder sind gar ohne Zahl. Der eine mag nun zwar hierhin gehen, der andere dahin, trotzdem verleitet so ein „Bilder-Spektakel“, mit Verlaub, zur Oberflächlichkeit. Keine Chance, vor einem mal etwas länger zu verweilen, der nächste Künstler soll ja auch ziemlich gut sein, und legt gegen den eignen Willen nun doch seinen Turbo-Gang ein, nach dem Rat- oder Bilderhaus kommt ja die nächste Station, noch eine.
Wer also viel sehen will, wird früh müde werden, zum ephemeren Ereignis. Würden es ein paar gut gemischter Personalausstellungen in Gleichzeitigkeit nicht auch tun? Weniger ist doch immer mehr, und zwar für alle Beteiligten: Auf ein Neues denn!
Gerold Paul
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