zum Hauptinhalt
Wido Buller: Seine Werke strahlen Kraft und Dynamik aus.

© potsdam-tv

KulTOUR: Lebens-Bögen

Kunst und Werk des renommierten Bildhauers Wido Buller im Märkischen Gildehaus

Stand:

Schwielowsee - Solange Kunst von Können kommt, so lange hat sie auch mit Handwerk zu tun. Wo, wenn nicht im Märkischen Gildehaus Caputh, träfe beides besser zusammen, Kunst und Werk, Werk und Hand? Bis zum 30. September ist hier, im Restaurant und auf der Rasenfläche davor, eine Ausstellung des international renommierten Bildhauers Wido Buller zu sehen. Der gebürtige Berliner ist in mehrfacher Hinsicht interessant, so etwa durch die Gleichzeitigkeit seiner Schaffens-Orte in Kleve, Griechenland und derzeit Polen, von denen allen sich immer etwas in seinen Werken zeigt und erhält.

Sein Curriculum berührte Zeit und Ästhetik von Pablo Picasso, in dessen Atelier er arbeiten durfte, Jean Arp und Altmeister Henry Moore. Sein Material ist nicht der traditionelle Stein, sondern patinierte oder polierte Bronze, Olivenholz und der moderne Werkstoff Polyester. Er ist im angewandten Architekturbereich genauso zu Hause wie in der figürlichen oder freien Skulptur, und alles, wirklich alles, was seine Hände berühren und schaffen, strahlt, Kinetik, Dynamik, Kraft, Energie, Bewegung, meist von der Erde her, und oft auch in ihrem Geheiß. Wie etwa wollte einer denn fliegen, ohne sich von ihr abzustoßen? Bei Wido Buller, der die Bildhauerei in Florenz studierte, haben solche Synonyme viel zu bedeuten, auch hier ist Paralleles Gleichzeitigkeit.

Das vorgestellte Oeuvre ist gar nicht so umfangreich, es bezeichnet in einigen Fällen sogar nur unterschiedliche Formate einer Werkidee, bei „Schreitend“ oder „Ikaria“ zum Beispiel, dem weiblichen Anteil des ungehorsamen Ikaros. Wer den gebürtigen Berliner demnächst besucht, wird ihn bei der Erarbeitung einer mannsgroßen Skulptur namens „Feuervogel“ finden, vielleicht der von Strawinski, ein Phönix.

Das Werk seiner Hände macht auch seine Arbeitsweise sichtbar: Er mag nicht abtragen und wegmeißeln, sagt er, sondern schichten, aufbauen, das lässt weit blicken. Dergestalt müht er sich sisyphosgleich, „mit der Komplexität des Weltgeschehens“ fertig zu werden, doch wer schaffte das schon. Besser wäre es, von Lebensbögen zu sprechen, so, wie es eine Skulptur zeigt: In und aus allen drei Dimensionen kriecht dieses bronzene Ding durch das Sein.

Auch andere Arbeiten kleineren Maßes befinden sich im Tresenraum der Gaststätte. „Genesis“, sich interessanterweise aus einer nicht ganz symmetrischen Spirale entfaltend, oder „Lots Weib“. Buller versucht sich sogar in einer merkwürdigen „Knautschtechnik“, („Tatom“). Oft beziehen seine figürlichen Sachen ihre Kraft aus einer Körperdrehung heraus, wie bei „Artemis“. Das kleine Urbild des großen Sisyphos mag eindrucksvoll sein, doch über die „Kraft der Olive“ nachzudenken, wird wohl keiner in hundert Jahren fertig.

Draußen auf der Freifläche dann die großen Skulpturen. Ihr Kernstück ist „Das Leben“ selbst, wie es aus der spiegelnden Schwärze erwächst und sich entfaltet. Jedes Ding hat bei Buller drei Dimensionen, doch weil sein Lebensbogen nach innen gerichtet ist, sind es manchmal ihrer auch vier. Solch Hand-Werk verleitet zum Denken in Tiefe und Schwärze, zu Spiegelung und wortwörtlich Reflexion. In meist alten Werkstoffen führt es zu den Dimensionen von Bibel und Antike zurück. Wo immer auch: Dieser Mann hat so etwas wie eine goldene Hand. Ein Meister.

Ausstellung bis zum 30. September im und am Märkischen Gildehaus, Caputh, Schwielowseestraße 58

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })