Von Thomas Lähns: Lebenszeichen per SMS
Vier Monate war das Beelitzer Logistikbataillon 172 in Afghanistan – und wuchs dabei über sich hinaus
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Beelitz - Es waren anstrengende vier Monate für Jana Kusch und Kai Dormack: Einsatz im Krisengebiet, Dienstzeit im Prinzip rund um die Uhr – und die ganze Zeit über 5000 Kilometer von Familie und Freunden entfernt. Mit dem Beelitzer Logistikbataillon 172 waren die beiden im afghanischen Masr-i-Sharif stationiert. „Der Kontakt nach Hause lief über tägliche SMS, kurze Telefonate oder Briefe“, so Oberleutnant Dormack. Die beiden Offiziere und ihre Kameraden waren für die Versorgung der Bundeswehr und der Nato-Verbündeten mit Treibstoff, Munition, Wasser und Material sowie für den Bau von Straßen und Checkpoints zuständig. Anfang März sind sie wohlbehalten zurückgekehrt, am Donnerstagabend begrüßte Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) die Soldaten in der „Hans-Joachim von Zieten Kaserne“ in Beelitz.
Der oberste Dienstherr sparte nicht mit Lob für die Truppe: „Sie haben ihren Auftrag hervorragend erfüllt, sind oft über ihre Grenzen gegangen und haben sich nicht geschont.“ Tatsächlich konnte Bataillonskommandeur Jörg Gruhn mit stolzen Zahlen aufwarten: 7000 Tonnen Material, 5000 Tonnen Munition und 20 Millionen Liter Treibstoff seien durch die Beelitzer Logistiker bewegt worden, zudem habe auch die Instandsetzungskompanie Höchstleistungen vollbracht. Alldem sei es zu verdanken, dass die Bundeswehr im gesamten Norden des Landes zu über 90 Prozent einsatzbereit war, so Gruhn. Die deutschen Truppen sind im Norden Afghanistans stationiert, sichern damit ein Gebiet, das halb so groß wie die Bundesrepublik ist und in dem rund ein Drittel der afghanischen Bevölkerung lebt. Masr-i-Sharif ist das Drehkreuz für den Nachschub. Es waren die Beelitzer, die dort eine logistische Leistung vollbracht haben, indem sie das Lager auf Vordermann brachten und neu ordneten. Dadurch habe man 60 Prozent mehr Güter als bisher sofort ausliefern können, lobte Gruhn.
Aber auch als Logistiker ist der Job in Afghanistan nicht ungefährlich: Unzählige Erkundungen hätten die Beelitzer unternommen, 25 Mal mussten Fahrzeuge nach Pannen geborgen werden – ohne die Unterstützung von Kampftruppen, aber jedes Mal erfolgreich. Und das, nachdem der Abschied im Oktober von einem tragischen Unfall überschattet worden war. Von dem tödlichen Sturz eines Soldaten aus dem Fenster eines der Beelitzer Unterkunftsgebäude sprach gestern zwar niemand, daran gedacht haben dürften die meisten. „Der Abschied von zu Hause und vom Ehemann ist immer das Schwerste“, sagte Oberleutnant Jana Kusch. Für sie war es der dritte und letzte Auslandseinsatz: Die junge Zeitsoldatin aus Brandenburg (Havel) hat ihre zwölf Jahre bald abgeleistet.
Minister Jung verteidigte in seiner Ansprache den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan gegen negative Umfragewerte. Er verwies auf die Terroranschläge vom 11. September 2001, die von dort ausgegangen waren, und auf die Notwendigkeit, das Land zu stabilisieren. Jung bezog sich dabei auch auf das 60-jährige Nato-Jubiläum, das dieser Tage gefeiert wird. „Ohne die Nato könnten auch wir nicht in einem von Frieden und Freiheit geprägten vereinigten Deutschland leben“, stellte er klar. Und an die Logistiker gerichtet sagte er: „Ihre Arbeit findet oft im Verborgenen statt, ist aber ein wichtiges Zahnrad.“ Der Stadt Beelitz dankte Jung für die moralische Unterstützung: Das Bataillon sei verwurzelt in einer Region, die den Soldaten in Solidarität und mit Wertschätzung gegenüberstehe. Zu Weihnachten gab es zum Beispiel für jeden Soldaten ein kleines Präsent-Päckchen aus Beelitz.
Auch deshalb sind die Offiziere Kusch und Dormack sowie ihre Kameraden froh, wieder zu Hause zu sein. Einige von ihnen werden im Sommer 2010 wieder ihre Sachen packen müssen, dann steht der nächste Einsatz in Masr-i-Sharif bevor. „Die Personaldecke ist dünn“, sagt Kai Dormack, also rechne er erst einmal damit, dabei zu sein. Es sei immer besser, vorbereitet zu sein.
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