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Zukunft des Bahnhofs in Michendorf: Letzte Rettung vor Rotlicht

Sie fürchten Leerstand, Erotikshops oder Spielhallen: Michendorfer kämpfen um ihren Bahnhof. Die Gemeinde soll das Gebäude kaufen, helfen ein Bürgerbehren

Von Eva Schmid

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Michendorf - Mit Absagen lässt sich Jürgen Rose nicht abspeisen. Auch seine Mitstreiter, eine Gruppe von elf Michendorfern, die gemeinsam Sport treiben, denken nicht daran aufzugeben. Ihrem Ziel sind sie recht nahe: Mithilfe eines Bürgerbegehrens wollen sie die Gemeinde jetzt zum Kauf des Michendorfer Bahnhofes zwingen.

„940 Unterschriften müssen wir liefern, 850 haben wir schon“, sagt der 63-jährige Rose. Am kommenden Wochenende wird noch mal die Werbetrommel gerührt: „Wir haben einen Stand beim Nikolauslauf und SPD, Linke und FDP unterstützen uns – das wird klappen“, ist sich Rose sicher. Er will nicht, dass ein privater Investor den Bahnhof kauft, um ihn dann womöglich verfallen zu lassen. Gar nicht auszudenken, wenn sich eine Spielhalle oder ein Erotikshop ansiedeln würde. Besäße die Gemeinde den Bahnhof, könnte sie viel mehr daraus machen. Rose träumt von einem Fahrkartenverkauf mit persönlicher Beratung, einem kleinen Kiosk, sauberen öffentlichen Toiletten und einem Infostand für Touristen. „Immerhin sind wir das Tor ins südliche Brandenburg.“

Die Bahn will den Bahnhof verkaufen

Das Ringen um den Michendorfer Bahnhof geht in die nächste Runde: Anfang des Jahres erhielten die Mieter des Bahnhofes, darunter das Restaurant „Schneiders“, eine Psychotherapiepraxis und vier Mietparteien Kündigungsschreiben der Deutschen Bahn. Die will ihren Bahnhof loswerden. Im Mai kam das erste Nein aus der Gemeindevertretung, nachdem die Bahn der Kommune das Objekt angeboten hatte. Der Kaufpreis liegt dem Vernehmen nach bei rund 330 000 Euro. Schon damals kamen Jürgen Rose und seine Gruppe auf den Plan. Sie sammelten Unterschriften zum Erhalt des Restaurants. Doch das Prozedere flog ihnen um die Ohren: „Wir hatten auch Unterschriften von Gästen, die gar nicht aus Michendorf kamen“, gibt er zu. Zumindest hat die Aktion erneut den Bahnhof auf die Tagesordnung des Kommunalparlaments gebracht. Die Verwaltung hatte ein Wertgutachten erstellt und warnte vor den Sanierungskosten in Höhe von über einer Million Euro. Dennoch fiel die Abstimmung – nunmehr die zweite – knapp aus: Neun Stimmen gab es für, zehn gegen einen Kauf.

Lehnt die Gemeinde ab, kommt der Bürgerentscheid

Und jetzt wird es vermutlich zu einer dritten Abstimmung kommen. Winken die Kommunalpolitiker wieder ab, müssen die wahlberechtigten Michendorfer entscheiden. Stimmen 25 Prozent von ihnen für den Kauf des Bahnhofes, muss die Gemeinde das Votum umsetzen. Dass ein Bürgerentscheid möglich ist, zeigt das bereits für 2016 im Haushalt bereitgestellte Geld. Von 10 000 Euro sprach SPD-Fraktionschef Volker-Gerd Westphal. Streitpunkt im Kommunalparlament ist nach wie vor das finanzielle Risiko. Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) schätzt es als nicht überschaubar ein. Der SPD-Fraktionschef hat da weniger Bedenken. „Auf dem Girokonto der Gemeinde sind rund sieben Millionen Euro.“ Aus der CDU heißt es, dass ein Großteil der Millionen bereits verplant sei. Unter anderem für die Feuerwache Fresdorf, die Sanierung der Sportanlage Hellerfichten und den Ausbau der Wildenbrucher Straße. Würde man alle geplanten Investitionen verrechnen, wären die sieben Millionen mehr als aufgebraucht, so die CDU.

Initiative fordert mehr Engagement für Michendorf

Der Bürgermeister versucht zu beruhigen: „Die Fassade ist denkmalgeschützt, das Aussehen des Bahnhofes bleibt erhalten.“ Zudem habe ein Investor wenig Interesse daran, sein Objekt verkommen zu lassen. Auch beim Thema Förderung gibt es unterschiedliche Varianten: Mirbach hatte nach Fördermitteln gefragt, aber eine Absage aus dem Infrastrukturministerium erhalten. Westphal dazu: „Natürlich gibt es Fördermöglichkeiten des Landes, um Bahnhöfe nicht verkommen zu lassen.“

Für Jürgen Rose ist die Diskussion um das Geld nur ein Nebenschauplatz. „Ich habe vom Bürgermeister gehört, dass die Verwaltung mit der Aufgabe überfordert wäre.“ Das habe ihn richtig genervt. Er wünsche sich mehr Engagement für seinen Ort. Einige seiner Mitstreiter seien mit dem Bahnhof aufgewachsen: „Der Bahnhof ist für uns eine Herzenssache.“ Ihn herzurichten und zu erhalten sei zwar viel Arbeit, „aber die lohnt sich“.

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