Potsdam-Mittelmark: „Man muss auch mal Mut haben“
CDU-Gemeindevertreterin Verena Hartmann meint, dass man in Kleinmachnow Kinder guten Gewissens zur Schule schicken kann
Stand:
Was hat Sie bewogen, in die Kommunalpolitik zu gehen?
Wir sind 2003 nach Kleinmachnow gezogen und ich wusste, dass die Schulsituation ein Pferdefuß ist. Damals gab es noch keine dritte Grundschule und für einzelne Jahrgänge gab es bis zu fünf Klassenzüge. Auch die weiterführenden Schulkapazitäten waren begrenzt. Man kann darüber meckern, oder dagegen etwas tun.
Kann man in Kleinmachnow seine Kinder guten Gewissens zur Schule schicken?
Auf jeden Fall. Ich halte das vielfältige Angebot für hervorragend. Wir haben sowohl im Grundschul- wie auch im weiterführenden Bereich freie Träger und staatliche Schulen, die qualitativ ein gutes Angebot darstellen. Allerdings ist es im Gymnasialbereich seit Jahren zu eng, da ist der Landkreis seiner Pflicht nicht nachgekommen und muss hier dringend weitere Kapazitäten schaffen. Eltern werden sonst gezwungen ihre Kinder woanders zur Schule zu schicken. Die Hoffbauer-Stiftung will zudem ab dem Schuljahr 2008/09 ein zweizügiges Gymnasium in Kleinmachnow aufbauen, das gilt es mit allen Kräften zu unterstützen. Die Maxim-Gorki-Gesamtschule ist für Kleinmachnow und die gesamte Region ein wichtiges Angebot für Kinder, die etwas später durchstarten. Man ist allerdings nie der Frage nachgegangen, warum es in der letzten Zeit immer weniger angewählt wurde.
Haben Sie eine Erklärung?
Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es am Fächerkanon oder am außerschulischen Angebot. Das muss untersucht werden.
Was gibt es zu tun, wenn Sie einerseits sagen, die Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe ist ein wichtiges und benötigtes Schulmodell, es andererseits aber eine nachlassende Nachfrage gibt?
An erster Stelle steht der Elternwunsch. Wenn die Schule und der Träger merken, dass die Einrichtung weniger gewählt wird, ist es an denen, durch Qualitätsüberprüfungen die Ursachen zu ergründen. Das ist ein Engagement, welches Schule und Gemeinde leisten können.
Das kann ja durchaus auch durch eine politische Initiative angeregt und initiiert werden.
Sicher, das sind Überlegungen, die sich stellen. Wenn es der politische Wille in der Gemeinde ist, dass diese Schule erhalten bleiben soll, dann kann man auch fordern, dass aus ihr mehr gemacht wird.
Wird die Gorki-Schule an Qualität gewinnen, wenn unter deren Dach ein evangelisches Gymnasium eingerichtet wird, wie es die Hoffbauer gGmbH vorhat?
Man muss auch mal Mut haben. Aber dafür müssen alle zusammenarbeiten. Die Eltern müssen gefragt werden, ob sie sich das vorstellen können, die Lehrer müssen das wollen und die Träger müssen miteinander können. Ich denke, es kann funktionieren. Bessere Schüler der Gesamtschule könnten vom Gymnasium profitieren. Umgekehrt könnten Schüler, die am Gymnasium Schwierigkeiten haben, von der Gesamtschule partizipieren. Ich finde die Vorstellung durchaus machbar, es kann die Gesamtschule aufwerten. Ansonsten müssen der Hoffbauer-Stiftung andere Räumlichkeiten angeboten werden. Ein vielfältiges Schulangebot ist ein harter Standortfaktor. Dann lohnen sich auch Investitionen.
Woran merken Sie, dass Kleinmachnow eine der kinderreichsten Kommunen Deutschlands ist?
Ich selbst kenne sehr viele Leute mit Kindern. Das Ortsbild ist geprägt von jungen Müttern mit Kinderwagen. In den Gärten sind überall Rutschen und Schaukeln. Das fällt schon auf. Es gibt dreizehn 1. Klassen. Das zeigt, dass es hier viele Familien gibt.
Wird der Ort dem Prädikat gerecht?
Man reagiert bei vielem zu spät und zu langsam. Aber es bessert sich, aus einem einfachen Antrag für Fußballwiesen ist ein weitreichendes Konzept geworden. In diesem Jahr sollen nun die ersten Dinge umgesetzt werden Für Jugendliche müssen mehr Angebote geschaffen werden. Es gibt zwar die Jugendfreizeiteinrichtung und den Affenklub, die gute Arbeit machen. Aber wir brauchen andere, alternative Angebote.
Weiß die Kleinmachnower Ortspolitik, was sich die Jugend wünscht?
Es soll eine Bestandsaufnahme geben, eine Art Jugendbedarfsplan. Eigentlich ist das eine Aufgabe des Kreises, aber Kleinmachnow sieht sich selbst in der Pflicht, gerade weil wir hier so viele Kinder haben. Ich sehe den Kultur- und Sozialausschuss auch als Forum, in dem regelmäßig Initiativen ihre Ideen, Interessen und Bedürfnisse vorstellen und die Politik Hilfe und Empfehlungen geben kann.
Welches war die letzte Kulturveranstaltung, die Sie in Kleinmachnow besucht haben?
Ich habe eine Wanderung des Heimatvereins mitgemacht und war beim ersten Konzert des Jugendsinfonieorchesters im Bürgersaal. Im vergangenen Jahr war ich bei einem der Konzerte auf der Hakeburg
Das klingt nicht gerade euphorisch. Überzeugt Sie das hiesige Kulturangebot nicht?
Doch! Ich finde, es ist ein reges Angebot. Doch man muss die Kirche im Dorf lassen. Wir haben Potsdam und Berlin und der Kunst- und Kulturinteressierte orientiert sich eher dorthin. Die Kleinmachnower Kulturlandschaft, die ihre Tradition hat und vielfältig ist, sollte man nicht zum Konkurrenzstandort der großen Städte ausbauen. Man muss das Angebot ausgewogen gestalten. Und es funktioniert nicht, wenn man Kultur verordnet. Sie muss von unten wachsen und wenn etwas da ist, kann es gefördert werden.
Was bedeuten Ihnen die Kammerspiele?
Ich find es klasse, dass es das Haus gibt. Ich kenne es ja erst seit 2003. Meine Kinder finden es toll: ein Kino gleich um die Ecke. Ich geh da regelmäßig hin und fände es schade, wenn es das Programmkino nicht mehr gebe. Das hat schon was.
Fühlen Sie sich als oberste Kulturpolitikerin des Ortes verpflichtet, die Kammerspiele zu erhalten?
Es muss ja alles bezahlt werden. Die Gemeinde müsste das Haus, würde sie es kaufen, auch unterhalten. Ich fand die Idee gut, es über einen Förder- oder Trägerverein zu organisieren. Aber es sind ja schon zwei Gruppierungen bei diesem Versuch auf Granit gestoßen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man das aufbohren kann.
Kleinmachnow wurde einmal als „Laboratorium der deutschen Einheit“ beschrieben. Wie finden Sie das Zusammenleben im Ort?
Ich find das Zusammenleben gar nicht dramatisch. Ich hab das Gefühl, dass in der Nachbarschaft ein gutes Miteinander herrscht. Aber der Ort hat natürlich mehrere Probleme zu bewältigen: Ost und West, alt und neu. Kleinmachnow ist wahnsinnig schnell gewachsen und sehr viele sind noch gar nicht angekommen. Wohin wollen wir wachsen? Was fehlt, ist ein Leitbild, das sich Kleinmachnow irgendwann einmal geben muss. Wenn das geklärt ist, wird man auch zusammenwachsen.
Können Sie sich vorstellen, dass Kleinmachnow einmal ein Stadtteil von Teltow sein könnte?
Da brauch ich ganz einfach mehr Informationen. Was heißt es, wenn ich als Kleinmachnower zu Teltow gehöre? Wenn das klar ist, kann ich mir eher ein Bild machen, ob das gut oder schlecht ist.
Das Gespräch führte Peter Könnicke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: