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KulTOUR: „Man muss nur wollen!“

Velio Bergemann erreicht mit seinen alten Havelland-Malern nun auch Caputh

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Schwielowsee · Caputh - Eigentlich wollte KultTour ja nur über einen neuen Ausstellungsort am Caputher Gemünd berichten, aber es kam anders. Unverhofft geriet man mit dem Berliner Galeristen Velio Bergemann in ein tiefes Gespräch, jener Wundermann, der Ferch zum Titel „Malerdorf“ verhalf und der kürzlich in der dortigen Seniorenresidenz gleich haufenweise Berliner Sezessionisten nebst aller Namen der virtuellen „Havelländischen Malerkolonie“ in einer opulenten Verkaufsausstellung präsentierte.

Seine Eloquenz überzeugte nun die Geschwister Christina und Norman Müller vom „Fährhaus Caputh“, die Remise von nebenan, einst zum Pferdewechsel gebaut, in eine neue Kunstoase des Ortes zu verwandeln, was überwiegend in Eigenleistung geschah. Am Sonnabend wurde sie mit einer in Ferch ähnelnden Ausstellung eröffnet. Auch hier sind originale Hagemeister, Zeller, Gehrcke, Sprotte und wie sie alle heißen wohlfeil, dazu Bergemanns neue Kunstbroschüre „Flottstelle und Mies van der Rohe“, welche „neue Erkenntnisse über Künstler im Havelland“ verspricht: Ein wenig Abstand täte hier vielleicht not, wenn der berühmte Architekt ausgerechnet „Hochhäuser am Schwielowsee“ plante.

Aber dies alles war weniger wichtig als das, was der Galerist aus Florenz zu sagen hatte. Ferch, Caputh, Geltow, Werder – rund um den Schwielowsee sieht er ungeheure Ressourcen. Eigentlich für jedermann. Warum, so fragt er, sind Künstler wie Karl Hagemeister, Otto Nagel oder Käthe Kollwitz hierher gekommen? Weil die Landschaft sie anzog. Und fragte man, wie sich das in ihren Kunstwerken bemerkbar machte, so sollte man die innere Ruhe der Kollwitzschen Figuren bedenken. Die Landschaft und ihre Künstler sind gleichsam das Erbgut für diese Region und all die Gäste.

Diese Schätze zu pflegen und zu nutzen, hat sich Velio Bergemann auf seine Fahne geschrieben, denn „Das sind unsere Maler! Die Leute sollen das schätzen und bleiben.“. Ferch hat die Seinen angenommen, Caputh ist vielleicht auf dem Wege, auch wenn Norman Müller noch zögert. Wenn das aber mit der „Kunstremise“ dauerhaft wird, dann wisse er, Bergemann, wo man die Bilder herholt. Er kann Leute gen Caputh mobilisieren, auch „Kundschaft“ aus dem kunstübersättigten Berlin. Prominenz sogar. Ganze Existenzen könnten so aufgebaut und gesichert werden. „Man muss nur wollen!“

Velio Bergemann ist wie ein Spiritus rector am Schwielowsee, und zugleich jener Prinz aus Florenz, der Ferch aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst hat – einige Maler aus Capuths neuer „Kolonie“ sollen folgen. Er regte ein Gerhard-Geidel-Retrospektive (von ihm stammt das am Fährhaus wohlfeile Bild „Garnisonkirche“ im Lampenlicht) in dessen Geburtsstadt Beelitz an, während er sich eine ständiges Museum für Karl Hagemeister nur in Werder vorstellen kann. Sollte es dazu kommen, so wird er mithelfen, er hat ja alle Kontakte. „Ich bin an der Front, ohne wegzurennen“, sagte er, und schloss eigene finanzielle Interessen nachdrücklich aus.

Manches wird möglich sein, manches bleibt nur ein Traum. Aber es ist schon ein Glücksfall, wenn erst ein Florentiner mit durchweg innovativen Ideen herbeieilen muss, um die Region aus ihrem Schlummer zu wecken. Und was er da sagte, und von Ferch bis nach Töplitz in schöne Visionen setzte, dürfte nur ein Anfang sein. Mies van der Rohe, Ernst Barlach, Konrad Wachsmann und viele andere ruhen hier noch im Schlaf. Man muss einfach nur wollen.

Die Verkaufsausstellung in der Remise ist bis zum 17. September täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

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