
© Lutz Hannemann
Werder (Havel): Mollath-Anwalt vertritt Axel Hilpert
UPDATE. Er holte das Justizopfer aus der Psychiatrie, jetzt will er den Hotelier vor dem Gefängnis bewahren
Stand:
Potsdam / Werder (Havel) - Axel Hilpert geht aufs Ganze, um nicht noch mal ins Gefängnis zu müssen. Wenn in Frankfurt ( Oder) der Betrugsfall gegen den schillernden Schwielowsee-Hotelier wieder aufgerollt wird, soll ihn nach PNN-Informationen ein Staranwalt vertreten. Es handelt sich um Gerhard Strate, der als einer der besten Strafverteidiger in Deutschland gilt. Zuletzt hatte Strate bundesweit mit einem Paukenschlag für Aufsehen gesorgt, als er die Freilassung von Gustl Mollath aus der bayerischen Psychiatrie durchsetzte. Mollath war für gemeingefährlich erklärt worden, als er dunkle Geschäfte bei der Hypo-Vereinsbank öffentlich machte.
Rückblick: Schon für das Revisionsverfahren hatte Hilpert eine hochspezialisierte, bundesweit renommierte Berliner Kanzlei engagiert, die Sozietät „Widmeier Norouzi“ vertrat ihn in Karlsruhe. Im ersten Landgerichtsprozess in Potsdam war er von den Strafverteidigern Heide Sandkuhl und Stefan König sowie dem Bau- und Wirtschaftsrechtler Enrico Klingbeil vertreten worden, alles Koryphäen in ihrem Fachgebiet. Axel Hilpert war dort verurteilt worden, weil er die Baukosten für sein Resort Schwielowsee von 23 Millionen Euro durch ein Firmenkonstrukt und Scheinrechnungen um 13 Millionen hochgeschaukelt haben soll. Jetzt also wieder ein Top-Anwalt.
Gerhard Strate gilt als Spezialist für komplizierte Wiederaufnahmeverfahren. Er verteidigte Monika Böttcher (früher Weimar), die im Gefängnis saß, weil sie ihre beiden Kinder getötet hatte. Er vertrat den Terrorverdächtigen Mounir al-Motassadeq, die Hamburger Kiez-Größe Burim Osmani oder den Internetunternehmer Alexander Falk.
Für Klienten, die in der Finanzkrise ihr Geld verloren hatten, legte er sich mit Banken wie der HSH Nordbank, der Hypo Real Estate und der BayernLB an. Der 64-Jährige hat in seinen Verfahren auch immer wieder geschickt die Öffentlichkeit genutzt.
Strate hatte Anfang der 1970er an der Uni Hamburg studiert und war Mitglied des Kommunistischen Studentenverbandes, ehe er sich als Jurist einen Namen machte. Für seine wissenschaftlichen Aktivitäten und Publikationen wurde ihm im Jahr 2003 die Ehrendoktorwürde der Universität Rostock verliehen. Von lediglich acht Wiederaufnahmeverfahren in der deutschen Rechtsgeschichte, bei denen rechtskräftig abgeschlossene Fälle neu aufgerollt wurden, gehen drei auf sein Konto. Jetzt wird seine Aufgabe sein, dass Hilpert trotz erwiesener Schuld nicht mehr ins Gefängnis muss.
Das erscheint möglich, beinahe wahrscheinlich, trotz einer unausweichlichen, aber milderen neuen Verurteilung: Bei einem Strafmaß von unter zwei Jahren könnte Hilpert nach PNN-Recherchen mit einer Bewährung davonkommen. Zudem muss ihm seine zwölfmonatige Untersuchungshaft angerechnet werden. Der Bundesgerichtshof hat jüngst das Urteil des Potsdamer Landgerichts vom Sommer 2012 weitgehend kassiert. Die Potsdamer Richter hatten Hilpert wegen schweren Betruges, Untreue und Steuerhinterziehung noch zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Nach ihrer Auffassung hatte der Hotelier das Land beim Bau des mondänen Resorts in Petzow um 9,2 Millionen Euro Fördergeld betrogen. Seitdem befindet sich der heute 66-Jährige, der einst DDR-Devisenbeschaffer im Koko-Imperium von Alexander Schalck-Golodkowski und Stasi-Mitarbeiter war, gegen eine Kaution von 500 000 Euro auf freiem Fuß.
Zwar sieht auch der BGH den Betrug als erwiesen an. Ein entscheidendes Detail sieht Karlsruhe aber völlig anders als das Landgericht: Der Subventionszweck sei durch den Bau und den Betrieb des Hotels erfüllt, wie es im den PNN vorliegenden BGH-Beschluss heißt. Als Betrugsschaden könne deshalb nicht der komplette Förderbetrag, sondern nur der zu viel gezahlte Anteil angesehen werden.
Beim Frankfurter Landgericht wird es also darum gehen, den Schaden genau zu bestimmen und das Strafmaß zu korrigieren. Im BGH-Beschluss wird besonders auf die sittenwidrigen Rabatte verwiesen: Hilpert ließ sich für jeden erteilten Planungs- oder Bauauftrag zwölf Prozent des Auftragsvolumens zurücküberweisen, über zwei Millionen Euro sollen so zusammengekommen sein. Ein Betrugsschaden sei „jedenfalls in Höhe der auf die Rückflüsse entfallenden Subventionsquote entstanden“, so der BGH. Der Fördersatz lag bei knapp 27 Prozent.
Dass der Fall nach Frankfurt( Oder) verwiesen wurde, hat indes nichts mit Zweifeln an den Potsdamer Richtern zu tun. Vielmehr gab es Änderungen der Geschäftsverteilung des Potsdamer Landgerichts: Danach wäre der neue Hilpert-Prozess erneut beim Vorsitzenden Richter Andreas Dielitz gelandet, der Hilpert zu der hohen Gefängnisstrafe verurteilt hatte. In solchen Fällen ist es laut Justizkreisen nicht unüblich, die Fälle an ein anderes Gericht zu verwiesen. Gerhard Strate gilt als einer, dem es egal ist, an welchem Gericht er gewinnt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: