
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: Motorgrollen in den Havelauen
Das Zweirad- und Technikmuseum lockte gestern über 600 Besucher auf seine Fest- und Rallye-Meile
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Werder (Havel) - Ein Hauch von Hockenheim geht durch die Havelauen: Mit Karacho preschen Motorräder über die Mielestraße, vorbei am staunenden Publikum, das sich zu Hunderten hier drängt. Awo, BMW, Jawa – weitaus schwerer als der sportliche Faktor dürfte für die Gäste der Schauwert der Maschinen wiegen. Denn sie alle sind Liebhaberstücke und größtenteils über 50 Jahre alt. Das Schaulaufen der knatternden Juwelen aus verschiedensten Ländern und Epochen war beim gestrigen Museumsfest des Zweirad- und Technikmuseums der Höhepunkt. 150 Technik-Freaks waren mit ihren Mofas, Motorrädern, Mopeds und Autos angereist, die Zahl der Besucher insgesamt ist fünfmal so hoch gewesen.
„Ganz toll gemacht“, bemerkt ein Mann im Vorbeigehen, während er Rosemarie Jordan auf die Schulter klopft. Die Chefin des renommierten Museums erntet an diesem Tag viel Lob für die Organisation des Technikspektakels. Sie selbst ist ebenfalls zufrieden: „Wir haben all unsere bisherigen Rekorde gebrochen“, sagt sie in Anbetracht dessen, was hier heute los ist. Aber auch sonst ist das Jahr für Jordan und den MC Blütenstadt, der hinter dem Museum mit seinen über 150 Exponaten steht, gut gelaufen, wie sie sagt. Das habe zum einen am regnerischen „Museumswetter“ dieses Sommers gelegen, zum anderen aber auch an der Zusammenarbeit mit Gästequartieren wie dem Campingplatz Riegelspitze. Der wirbt unter seinen Campern für einen Besuch im Museum, die zahlen dafür einen günstigeren Eintritt. Das Prinzip soll im kommenden Jahr auch auf andere Herbersbetriebe in der Blütenstadt ausgeweitet werden. Der Schnitt von 3500 Besuchern im Jahr wird sich so sicher noch weiter erhöhen.
Unter Schraubern und Nostalgikern ist das Zweiradmuseum indes längst zur regionalen Schnittstelle geworden: Man tauscht Erfahrungen aus, stellt Leihgaben zur Verfügung und trifft sich regelmäßig zu Ereignissen wie dem Museumsfest. Unter den Mitgliedern des 20-köpfigen MC Blütenstadt ist Michael Muschanski. Der Mechaniker und Motorrad-Freak ist an diesem Sonntag mit der Ehrennadel des Berlin-Brandenburgischen Landesfachverbandes für Motorsport ausgezeichnet worden – und zwar für den Aufbau seiner Awo RS mit 250 Kubikzentimeter-Motor. Von dieser Maschine sind 1953 in Suhl nur 15 Exemplare für den DDR-Rennsport gebaut worden, wie er berichtet. Und davon würde nur noch ein Original in Sachsen existieren – das ihm als „Schablone“ für seinen Nachbau gedient habe.
Während Muschanski und drei weitere Awo-Piloten auf der Mielestraße von PS-starken, aber nicht minder historischen BMWs aus Berlin-Spandau abgelöst werden, sieht man auf dem Hof des Museums Technikfreaks fachsimpeln. Gäste nicken anerkennend, während sie diese und jene Maschine in Augenschein nehmen und sich von den Eigentümern die Fahrzeugdaten erklären lassen.
Es sind längst nicht nur Männer unterwegs, ganze Familien sieht man hier. Sie alle zeigen, wie stark sich das Zweiradmuseum in den Havelauen etabliert hat. Einen vor Kurzem geäußerten Vorschlag des Landesmuseumsverbandes, die vielen Museen in Werder (Havel) in der Innenstadt zu konzentrieren (PNN berichteten), kann Jordan da nur zurückweisen. „Wir wurden hier angesiedelt, um Leben in die Havelauen zu bringen“, sagt sie. Diesen Auftrag habe man voll erfüllt.
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