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Die Deutsche Bahn will den Michendorfer Bahnhof verkaufen. Was dann aus dem Restaurant „Schneiders“ wird, ist unklar.

© Andreas Klaer

Bahnhof in Michendorf: Nächster Verkauf: Michendorf

In Potsdam-Mittelmark gibt es nur noch zwei Bahnhöfe, die der Bahn gehören. Bald nur noch einen: Denn das Gebäude in Michendorf soll verkauft werden. Doch wer erhält den Zuschlag?

Von Enrico Bellin

Stand:

Michendorf - Das Kartoffelrestaurant „Schneiders“ im Michendorfer Bahnhof darf vorerst bis Ende September geöffnet bleiben. Das bestätigte Inhaberin Jennifer Henke am 9. April den PNN. „Wir hatten Ende März einen Termin mit Vertretern der Bahn, auf dem bestätigt wurde, dass alle Mieter erst einmal im Bahnhof bleiben können“, so Henke. Ursprünglich war ihnen Ende Dezember die Kündigung zum 31. März zugeschickt worden (PNN berichteten).

Die Deutsche Bahn will den Bahnhof, den täglich etwa 1500 Menschen nutzen, bereits innerhalb der kommenden zwei Monate verkaufen. Das teilte Joachim Trettin, Konzernbevollmächtigter für die Region Ost, in einer den PNN vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock (Grüne) mit.

Kritik an der Bahn: Zu spät informiert

„Uns ist bekannt, dass die derzeitigen Mieter und die Gemeinde Michendorf Kaufabsichten für den Bahnhof haben“, so Trettin. Er sicherte zu, dass alle Interessenten aus dem Bahnhof und die Gemeinde an Verkaufsgesprächen beteiligt werden. Die Weiterführung des Mietverhältnisses mit dem Restaurant sei jedoch gegebenenfalls mit Auflagen für die Elektronik verbunden, die zeitnah geprüft werden sollen. Trettin wies auf Brandschutzauflagen durch das Eisenbahnbundesamt hin, durch die die kurzfristige Kündigung der Mieter umgesetzt werden musste.

Baerbock kritisiert das Verhalten der Bahn: „Als öffentliches Unternehmen sollte sie Gemeinden und den Landkreis frühzeitig und klar über ihre Pläne mit Bahnhofsgebäuden informieren, die eine große öffentliche Bedeutung haben.“ Der Michendorfer Bahnhof liege zentral und habe eine Zentrumsfunktion, Mietern wie dem Restaurant müsse zeitnah eine Lösung zum Verbleib präsentiert werden.

Restaurant-Inhaberin will Bahnhof kaufen

Jennifer Henke hatte sich durch die Kündigung in ihrer Existenz bedroht gesehen. Auch jetzt kritisiert sie die Bahn, da ihr Mietvertrag erst eine Woche vor dem Kündigungsdatum 31. März verlängert worden sei. Henke hatte das Restaurant im Jahr 2009 erworben, seither modernisiert, und ist auch bereit, den Bahnhof zu kaufen. Am Mittwoch habe sie die Ausschreibungsunterlagen erhalten.

Demnach soll das komplette Gebäude mit Seitenflügel verkauft werden, es jedoch ein Wegerecht für die Bahn geben. Zu preislichen Vorstellungen seien jedoch keine Angaben enthalten. „Der Sanierungsbedarf ist aufgelistet, dazu gibt es Lagepläne und die Übersicht über die laufenden Mietverträge“, so Henke. Die Ausschreibung laufe bis zum 8. Mai.

Bahn braucht Bahnhofsgebäude nicht mehr

Sollte die Gemeinde ein eigenes Kaufangebot abgeben, würde Henke nicht an der Ausschreibung teilnehmen. Die Gemeindevertreter hatten zuvor mit großer Mehrheit beschlossen, Kaufinteresse bei der Bahn zu bekunden. „Wir kennen aber die Unterlagen der Bahn noch nicht und werden erst einmal prüfen, wie teuer ein Kauf werden könnte“, so Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) am 9. April. Er hatte noch keine Informationen, dass das Ausschreibungsverfahren tatsächlich begonnen hat. „Meine letzten Informationen waren noch immer, dass die Bahn erst einmal eine Entbehrlichkeitsprüfung für den Bahnhof vornimmt“, so Mirbach.

Nach Angaben der Deutschen Bahn würden die Bahnhofsgebäude für den Betrieb nicht mehr benötigt, im Landkreis Potsdam-Mittelmark gehören der Bahn nur die Häuser in Borkheide und Michendorf, der Rest ist in der Hand von Kommunen oder Privateigentümern.

Bahnhof teilweise in einem schlechten Zustand

Am kommenden Dienstag soll es Gespräche zwischen Bahn und Gemeinde geben, bei denen unter anderem geklärt werden soll, inwieweit die Gemeinde ein Vorkaufsrecht für den Bahnhof hat. Noch ist Mirbach zufolge nicht ganz klar, ob dafür ein eigenes Nutzungskonzept erstellt werden müsse und wie sich die Lage im Michendorfer Sanierungsgebiet auf die Entwicklung auswirke.

Da der Bahnhof in einem sehr schlechten Zustand ist – vor Monaten mussten bereits Teile der Vorhalle gesperrt werden, da Putz von der Decke gefallen ist –, muss schnell über die Zukunft des Gebäudes entschieden werden. „Wenn die Gemeinde oder ich den Zuschlag bekommen, möchte ich in der Vorhalle gern einen Kiosk inklusive Fahrscheinverkauf einrichten“, sagt Restaurantbesitzerin Henke. Auch aus der Gemeinde war der Wunsch nach einem Fahrscheinverkauf – in Michendorf gibt es dafür nur einen Automaten – geäußert worden, die Bahn lehnte das bisher jedoch ab.

Bahn äußerte sich nicht zum Verkaufspreis

Wie viele Interessenten es neben Henke und der Gemeinde für den Bahnhof gibt, ist derzeit unbekannt. Die Bahn äußerte sich auf Anfrage auch nicht dazu, wie viel Geld sie für das Gebäude haben will. Für Jennifer Henke wird sich bei der Prüfung der jahrzehntealten Stromleitungen ihres Restaurants in den kommenden Wochen entscheiden, ob sie auch nach dem September noch ihr Restaurant betreiben darf.

Das „Schneiders“ und der Gasthof „Zur Linde“ sind die einzigen Gaststätten in der 12 000 Einwohner zählenden Gemeinde mit deutscher Küche. Gleichzeitig ist es die letzte klassische Bahnhofsgaststätte im gesamten Landkreis.

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