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Potsdam-Mittelmark braucht mehr Sicherheitspartner: Nicht mehr an allen Ecken präsent
Trotz steigender Einbruchszahlen gibt es zu wenig Sicherheitspartner in Kleinmachnow. Der Innenminister will das ändern.
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Kleinmachnow - Einwohner patrouillieren durch ihr Wohngebiet, um Verbrecher abzuschrecken und Tipps gegen Einbrüche zu geben: Sogenannte Sicherheitspartner gibt es seit Jahren in der Region, jetzt will Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) die zivilen Streifen besser ausstatten. Eine wohlklingende Nachricht in den Ohren von Jürgen Glindemann, der seit 17 Jahren in seinem Kiez in Kleinmachnow für mehr Sicherheit sorgt. Allein ihm fehlt der Glaube. „Ich frage mich, wie der Minister das erreichen will“, sagt er.
Allerorts gebe es Probleme mit dem Ehrenamt, so Glindemann. Landesweit brach die Zahl der in Sicherheitspartnerschaften ehrenamtlich Engagierten laut Innenministerium in zehn Jahren von 880 auf knapp die Hälfte ein, in Kleinmachnow sind von einst 17 Aktiven zehn verblieben. Das reiche bei Weitem nicht, um in allen Ecken präsent zu sein, sagt Glindemann. Zudem liege das Durchschnittsalter seiner Sicherheitspartner allmählich über der Rentengrenze.
Weniger Polizei, besser ausgestattete Einbrecher
Der Nachwuchs sei sein größtes Problem. Dabei würden Leute dringend gebraucht. Zwei Polizeireformen hat der 71-Jährige erlebt, beide hätten die Sicherheit der Bürger verschlechtert. „Dem weniger werdenden Personal stehen besser organisierte und ausgestattete Einbrecher gegenüber.“ Laut Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke gehen die Verbrechen in der Region zwar leicht zurück, die Zahl der Einbrüche steigt jedoch. Sicherheitspartner Glindemann zufolge gehen die Diebe noch dazu nach Einkaufsliste vor. Ist etwa ein linker Airbag eines BMW gefragt, interessiere die Gangster auch die beste andere im Auto installierte Technik nicht. Früher stoppten Laster vor der Tür und die Einbrecher „räumten die Bude leer“, heute gebe es nur noch gezielte Blitzeinbrüche, die kaum mehr als ein paar Minuten dauern.
In einem Punkt hat Brandenburgs Innenminister bei Glindemann schon ein Stein im Brett: Karl-Heinz Schröter reaktivierte die im Zuge der Polizeireform eingestampfte Präventionsabteilung der Polizei in Potsdam, die laut Glindemann ratsuchenden Bürgern als wichtige Informationsquelle dient. Prävention sei eine der wichtigsten Aufgaben, auch für ihn.
Einbrüche in Kleinmachnow auch am Tag
Nahezu täglich dreht Glindemann seine Runden, beobachtet, erklärt. Er weiß, schon eine kurze Abwesenheit oder Unachtsamkeit kann bitter enden. Suchten früher die Einbrecher den Schutz der Dunkelheit und stiegen vorzugsweise in Keller ein, würden heute die Hälfte der Einbrüche am Tag verübt. „Die Außenhaut ist einer der größten Schwachpunkte an Wohnung und Haus“, sagt er.
Deshalb rüstet der Sicherheitspartner stetig auf, lässt gerade Türen und Fenster auf den neusten Stand der Sicherheitstechnik bringen. Was gerade auf dem Markt ist, erfährt Glindemann in Schulungen und im Kontakt mit der Polizei. Darin sieht er einen Vorteil gegenüber Bürgerwehren, die sich anderswo gründeten. Sicherheitspartner seien in die Polizeiarbeit eingebunden und versichert.
Blaue Jacken für die Sicherheitspartner
Innenminister Schröter will den Kontakt zwischen Kommunen, Polizei und Sicherheitspartnern intensivieren. Noch in diesem Jahr soll es vier Regionalkonferenzen geben, um den Austausch anzuregen. Zudem sollen die Sicherheitspartner bald blaue Jacken mit Aufschrift bekommen, weiß Glindemann. Mit ihnen werden sie im Ort präsenter sein. Mehr als eine moralische Wirkung verspricht er sich davon aber nicht. „Die Dinge wirken eine Zeit lang, dann haben sich die Kriminellen daran gewöhnt.“ Dennoch erhofft er sich von der Initiative des Innenministers einen gewissen Werbeeffekt.
Laut Schröter soll es zudem keinen weiteren Abbau von Personal mehr geben. Beim Nachbarn Stahnsdorf sorgt das noch nicht für Euphorie. „Selbst wenn der Innenminister die Polizeireform bei 8100 Beamten stoppt und polizeiliche Aufgaben auf die Ordnungsämter verlagert, werden Polizeikräfte in Stahnsdorf nicht immer präsent sein können“, schätzt etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Mühlner ein.
Stahnsdorf soll sich mehr beteiligen
Er fordert seit Längerem, dass sich Stahnsdorf bei der kommunalen Kriminalitätsverhütung stärker engagiert und mehr Sicherheitspartnerschaften fördert. Gerade einmal vier Leute seien in der Nachbargemeinde unterwegs, weiß auch Glindemann – für den flächenmäßig großen und wachsenden Ort viel zu wenig. Bereits im Frühjahr hatte die CDU in Stahnsdorf in der Gemeindevertretung einen Ausbau der Sicherheitspartnerschaften gefordert, drang aber bislang nicht durch. Mühlner sprach sich zudem für zusätzliche unregelmäßige Streifenfahrten und einen privaten Wachschutz aus, um zu Schwerpunktzeiten in den Quartieren zusätzliche Beobachter und Ansprechpartner zu haben.
Glindemann verbindet die größte Hoffnung mit der Zukunft. Die künstliche DNA, mit der Gegenstände gekennzeichnet werden können, sei bereits ein wichtiger Baustein in der Kriminalitätsbekämpfung, werde aber noch zu wenig genutzt. Der Verkauf in Kleinmachnow verlaufe schleppend. In Bayern und bald auch Nordrhein-Westfalen werde darüber hinaus eine aus England stammende Software namens Precops erprobt, ein Programm, das auf Grundlage statistischer Daten Verbrechen voraussagt. Das sei ein Durchbruch. Irgendwann, glaubt Glindemann, komme die bahnbrechende Entwicklung auch im Land Brandenburg an. Getestet wird Precops hier schon (PNN berichteten).
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