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Potsdam-Mittelmark: Per Mausklick zur Torte
Neues Logo, neue Filialen und Ideen: Wie sich Teltows letzter Bäcker gegen die Konkurrenz behaupten will
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Region Teltow - Zum Sturztest musste jede Torte einmal ran. Egal ob Käse-Blaubeer oder Käse-Schoko-Birne, sagt Bäckermeister Thomas Neuendorff. Wie viele Kuchen die Testphase nicht überlebt haben, kann Teltows letzter Bäckermeister heute nicht mehr zählen. Über ein Jahr habe er an seiner neuen Geschäftsidee getüftelt, hat sich maßgeschneiderte Styroporverpackungen anfertigen lassen und sie mit speziellen Kühlakkus bestückt. Alles, um am Ende seine preisgekrönten Käsetorten darin aus einer Höhe von 2,50 Metern zu Boden segeln zu lassen. Irgendwann, sagt Neuendorff, hatte er das richtige Rezept zur sturzsicheren Verpackung gefunden. „Wenn wir jetzt eine Torte verschicken, kommt sie in einem 1A Zustand an.“
Mit einem Mausklick zur Käsetorte. Egal ob nach Frankreich, Spanien, Finnland oder Süddeutschland, nach Hause oder in den Urlaub. Thomas Neuendorff und Vater Gerhart haben das Internetgeschäft in Angriff genommen. Nach ganz Europa versendet Neuendorff seit Neuestem seine süßen Kunstwerke. Über 60 verschiedene Torten hat er im Angebot – und nicht nur im weltweiten Netz wollen sich die alteingesessenen Bäcker gegen die Konkurrenz behaupten, auch vor Ort mit neuen Filialen, neuem Logo und neuem Design.
Seit Anfang Mai halten die Neuendorffs in der gesamten Region Teltow als Letzte die Fahne für das traditionelle Bäckerhandwerk in die Höhe. Denn mit dem Kleinmachnower Bäckermeister Peter Wese hat ein weiterer Brot- und Tortenkünstler sein Geschäft aufgegeben. „Noch 1989 waren wir sieben Bäckermeister in der Region“, sagt Thomas Neuendorff. Nach und nach sind alle verschwunden. Sie wurden abgelöst von Filialisten, Supermärkten oder Tankstellen. „Das tägliche Brötchengeschäft ist eine Erbsenzählerei geworden.“ Seit auch die Discounter auf Frischebackstuben setzen, sei das Geschäft noch härter geworden. Was zählt, sei Individualität: So verkauft Neuendorff auch Spargel-, Teltower-Rübchen- oder Sauerkrautbrot. „Wir müssen uns ständig etwas Neues einfallen lassen.“
Der 41-Jährige hat vor fünf Jahren das Geschäft seines Vaters in der Teltower Bäckerstraße 1 übernommen, doch auch der rennt heute mit seinen 73 Jahren noch mehlbestäubt durch die Backstube in der Altstadt. Zu tun gibt es für die beiden Bäckermeister genug. Als Wese sein Geschäft aufgab, haben Neuendorffs die fünf Mitarbeiter, eine Filiale, einen Verkaufswagen, die Stammkunden und Marktstände übernommen. Der eigene Mitarbeiterstab wuchs damit auf 35 Leute an. Ein beträchtliches geschäftliches Risiko, sagt Thomas Neuendorff, aber es habe sich gelohnt. Die alte Wese-Filiale in der Potsdamer Straße in Stahnsdorf ist nun die erste, die im neuen Design daherkommt: Innen im Auberginen-Farbton gestrichen, außen mit neuem Kronen-Logo versehen. Geöffnet ist sie sieben Tage in der Woche, gebacken wird immer frisch. Bis Ende des Jahres sollen auch die Filialen in Teltow und Kleinmachnow modernisiert werden.
Mit der Übernahme Weses beliefert Neuendorff nun noch mehr Kindergärten in der Region, weitere Firmen und Altenheime sowie insgesamt 16 Cafés in Berlin und Potsdam, darunter das Café Heider oder das Café am Drachenhaus. Am 2. Juni ist der Teltower Bäcker auch erstmals auf dem Berliner Naschmarkt präsent. Auch ein eigenes Café hat er in Planung, es könnte in Berlin oder Potsdam entstehen.
Bei so viel geschäftlichem Tatendrang müssen die Bäcker und Konditoren in der Backstube derweil Überstunden schieben. Begann die Schicht sonst abends um 22 Uhr, müssen die ersten nun schon um 20 Uhr an die Arbeit. „Wir suchen dringend Konditoren und Verkäufer“, sagt Neuendorff. Doch auch das sei ein Problem des Handwerks, guter Nachwuchs sei kaum zu finden. Viele scheuten die harte Arbeit in der Backstube. Doch Mehlsäcke schleppen oder Teig kneten müsse heute niemand mehr, sagt Neuendorff. Das übernehmen Maschinen.
In zwei Jahren will auch Altmeister Gerhart Neuendorff in Rente gehen und seinem Sohn ganz allein das Geschäft überlassen. Das Datum ist nicht zufällig gewählt: Im Jahr 2015 werde nachweislich bereits seit 400 Jahren in Teltow gebacken. „Dann machen wir hier eine große Feier“, sagt Neuendorff senior. „Denn in der Teltower Bäckerstraße ist der Ofen nie ausgegangen.“
Mehr Infos unter
www.torten-onlineshop.de
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