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Potsdam-Mittelmark: Post vom Anwalt Peter-Michael Diestel will für Hilperts Schwielowsee-Resort an höchster Stelle Einfluss genommen haben

Potsdam / Werder (Havel) - Im Betrugsprozess gegen den Hotelier Axel Hilpert sind am Mittwoch neue Fragen zur Rolle des damaligen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) zutage getreten. Die Staatsanwaltschaft, die Hilpert vorwirft, das Land bei der Vergabe von Fördermitteln für sein Luxusresort Schwielowsee getäuscht und eine Millionensumme erschlichen zu haben, verlas einen Brief von Peter-Michael Diestel an Hilpert, in dem Junghanns als „Kampfgefährte“ bezeichnet wird.

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Potsdam / Werder (Havel) - Im Betrugsprozess gegen den Hotelier Axel Hilpert sind am Mittwoch neue Fragen zur Rolle des damaligen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) zutage getreten. Die Staatsanwaltschaft, die Hilpert vorwirft, das Land bei der Vergabe von Fördermitteln für sein Luxusresort Schwielowsee getäuscht und eine Millionensumme erschlichen zu haben, verlas einen Brief von Peter-Michael Diestel an Hilpert, in dem Junghanns als „Kampfgefährte“ bezeichnet wird.

Der Brief vom 2. Juni 2003 wirft erneut ein Schlaglicht auf das Vorgehen, wie Hilpert trotz Warnungen von Fachleuten im Wirtschaftsministerium sein Projekt am Schwielowsee durchboxen konnte. Diestel will dabei geholfen haben. Der letzte DDR-Innenminister, CDU-Oppositionsführer im ersten Landtag bis 1994 und Verteidiger prominenter Angeklagter, gilt als eng vernetzt in Wirtschaft und Politik Brandenburgs. Die Ermittler waren bei eine Razzia bei Hilperts Hausbank DKB auf das Schreiben gestoßen.

Es wurde verfasst, kurz nachdem Hilpert im Mai 2003 in Petzow seinen Yachthafen mit rund 1000 Gästen eröffnet hatte. Der Hafen war ein erster Baustein für das geplante Resort, dessen finanzielle Förderung noch offen war. Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung war dabei, zu Hilperts Vergangenheit hatte es am Rande auch kritische Stimmen gegeben. Diestel kam nicht, schrieb Hilpert aber ein paar erhellende Zeilen.

„Ich habe mich sehr über die Berichterstattung zu Ihrem feierlichen Anlass am 31. Mai gefreut und möchte bemerken, dass auch die kritischen Worte zu Ihrer Vergangenheit Sie nicht entmutigen sollten“, heißt es im Brief aus Diestels Kanzlei. Diestel versichert Hilpert, „nicht nur beim Feiern, sondern auch in schweren Stunden“ an seiner Seite zu stehen. Der entscheidende Satz kommt am Schluss: „Ich glaube, einen kleinen Beitrag dennoch geleistet zu haben, in dem ich einen alten, jung gebliebenen Kampfgefährten, nämlich unseren Wirtschaftsminister, für Ihr Vorhaben begeistern konnte.“

Ob Diestel damit auf Junghanns’ politische DDR-Vergangenheit anspielt, bleibt unklar. Er war bis zur Wende zum Bezirks-Chef der Bauernpartei aufgestiegen und verteidigte noch im Sommer 1989 die Mauer und deren Schutzfunktion vor der „braunen Pest“. Junghanns’ Ministervotum hatte den Ausschlag für eine ILB-Förderung von Hilperts umstrittenem Resort gegeben. Aus Junghanns’ früherem Umfeld hieß es gestern, dass es viele Fürsprecher gegeben habe. Diestel habe keine herausgehobene Rolle gespielt. Junghanns selbst will den Vorgang wie den gesamten Prozess nicht kommentieren. Diestel sagte den PNN, er könne sich nicht an den Brief erinnern. „Aber ich stehe zu dem Inhalt, wenn er von mir kommt“, sagte Diestel. „Meine Briefe sind immer leicht zu erkennen an dem locker-ironischen Hintergrund.“

Die Staatsanwaltschaft hielt den Brief am Mittwoch einem Mitarbeiter von Hilperts Hausbank DBK vor, der für den Vorstand die Kreditakten zu Hilpert auf Straftaten geprüft hat. Die Anklagebehörde interessierte sich für die Frage, ob Hilperts Vergangenheit bei der Kreditvergabe eine Rolle spielte. Der DKB-Mitarbeiter wusste das nicht. Den Diestel-Brief an Hilpert hatten die Ermittler jedenfalls bei der Razzia in Bankräumen gefunden.

Auch sonst gab sich der Revisor ahnungslos. Ob sich die Hotelanlage „Resort Schwielowsee“ rentiere, habe er nicht geprüft. Das sei nicht seine Aufgabe gewesen, auch nicht, ob Auflagen aus dem Fördermittelbescheid der Landesinvestitionsbank ILB eingehalten wurden. Im Zeugenstand bestätigte er die Vollfinanzierung des Projekts durch die DKB. Der Eigenanteil, den Hilpert laut Förderbescheid aufbringen musste, sei durch die „Bauträgermarge“ einer Hilpert-Gesellschaft abgesichert gewesen. Die Aktenlage habe das Vorgehen der Bank gerechtfertigt.

Hilpert muss sich seit Januar wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Untreue vor dem Landgericht verantworten. Die Anklage wirft dem 64-Jährigen früheren Stasi-Mitarbeiter vor, die ILB getäuscht zu haben. Er soll die Kosten für die Hotelanlage künstlich hochgerechnet und 9,2 Millionen Euro Fördermittel zu Unrecht kassiert haben. Hilpert bestreitet das.

Beim gestrigen Prozesstag wurden auch Mitschnitte dreier Telefonate zwischen Hilpert und seinem wichtigsten Mitgesellschafter in der Hotelgesellschaft, dem früheren Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje, vorgespielt. Die Staatsanwaltschaft hatte Hilperts Handy im Sommer 2010 drei Monate abhören lassen. Sie nimmt die Mitschnitte als Beleg, dass Tiedje über die Vorgänge und Förderdetails kaum etwas wusste, etwa über die Hilpert-Firma „Petzow am See Projektmanagement GmbH“ (PMPS), die das Resort bauen ließ und hohe Gewinne aufschlug, bevor sie es an die Hotelgesellschaft, die Theodor Fontane GmbH, verkaufte.

In den Mitschnitten, die im Gerichtssaal kaum zu hören waren, befragt Tiedje Hilpert, wofür die Abkürzung „PMPS“ stehe und ob er als Mitgeschäftsführer Verträge der Fontane GmbH mit der PMPS unterschrieben habe. Tiedje: „Wieso hat die Fontane Geld an die PMPS überwiesen? ... War das ein Modell, damit du ein bisschen Geld verdienen kannst.“ Hilpert: „Genau.“ Das sei aber transparent gewesen.

Später empfiehlt Tiedje, den SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Danckert als Rechtsanwalt zu engagieren. Danckert sei ein „Dickschiff“, das zum Minister und zur Presse gehen könne. Wie Hilpert im Prozess erklären ließ, hatte er tatsächlich zeitweise sein Mandat. Als Anwalt hatte Danckert in den 90er Jahren Alexander Schalck-Golodkowski verteidigt, in dessen KoKo-Imperium Hilpert zur DDR-Zeit mit Antiquitäten handelte.

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