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Von Thomas Lähns: Präzisionsarbeit mit dem H 80

Tino Schröder ist Deutscher Vizemeister auf dem Gabelstapler. Feingefühl braucht er auch im Alltag

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Michendorf / Großbeeren - Fast nahtlos gehen seine Handbewegungen per Hydraulik über in die Bewegungen des wendigen Fahrzeugs. Wenn Tino Schröder auf seinem Gabelstapler sitzt, wird er eins mit der Maschine. Er braust den H80 auf die Ladefläche eines Lasters zu, greift noch im Fahren mit den Gabeln unter die Paletten und hebt gleich sechs von ihnen an. Der Fahrer schiebt sich die Last etwas zurecht, bevor er rückwärts dreht und die Paletten an einer anderen Ecke des Lagerhofes abstellt. Kaum ein Klappern ist zu hören, wenn er die Paletten voller Getränkekästen bewegt – schnell, aber nicht hektisch.

„Geschick und Talent gehören schon dazu“, sagt der 29-jährige Wildenbrucher, der auf dem riesigen Gelände des Getränkegroßhandels Trinks zwischen Teltow und Großbeeren täglich Tausende Bier-, Selter- und Brausekästen bewegt. Tino Schröder weiß, wovon er spricht: Er ist seit mehreren Jahren Brandenburgs bester Staplerfahrer – und seit diesem Jahr deutscher Vizemeister. Beim Staplercup in Aschaffenburg im September hat er sich in allen Disziplinen bewährt. Da mussten Tabletts mit Sektgläsern auf Stangen gestellt oder Flaschen in eine Kiste befördert werden. Im Viertelfinale mussten die Fahrer einen Ball in einer Röhre durch einen Parcours bringen.

Ursprünglich hatte Schröder eine Ausbildung als Maurer gemacht. Dann jedoch hat er sich bei einem Motorradunfall das Knie so stark verletzt, dass er in der Baubranche nicht weiterarbeiten konnte. Das Arbeitsamt vermittelte ihm eine Lehrstelle zur Fachkraft für Lagerwirtschaft, zu der auch der Stapler-Schein gehört. Schneller als alle anderen hatte er den Dreh raus. Sein Talent führt er auf seine früh ausgeprägte Neigung zu allem „was Räder hat“, zurück. Als Jugendlicher kurvte er mit dem Moped über Wildenbrucher Waldwege, später fuhr er Go-Kart.

Seit 2002 arbeitet Schröder für Trinks und hat sich längst als bester Fahrer bewährt. „Mein Chef hat mal gesagt, ich wäre der Einzige, der sein Auto umparken dürfte“, lacht er verschmitzt. Es waren seine Kollegen, die ihn zur Teilnahme am Regionalwettbewerb der Staplerfahrer in Wustermark gedrängt hatten. Drei Jahre hintereinander war er dort Erster und qualifizierte sich zur Deutschen Meisterschaft. In diesem Jahr stand er erstmals auf dem Treppchen. Im kommenden Jahr darf Tino Schröder bei der Europameisterschaft antreten, um mit zwei Mitstreitern den Titel zu verteidigen. Zum zweiten Mal in Folge ist der Europacup im Staplerfahren dieses Jahr nach Deutschland gegangen.

Feingefühl und Tempo, beides sei beim Staplerfahren gefragt. Deshalb habe er auch nicht großartig für die Wettkämpfe üben müssen, sagt der Fahrer und deutet mit dem Kopf nach draußen. Wie in einem Bienenstock geht es am Freitagnachmittag auf dem Lagerhof von Trinks an der B 101 zu. Ein gutes Dutzend Stapler pendelt zwischen Lastern, Leergutstapeln und Getränkelager. 90 000 Getränke- und noch einmal so viele Leergutkästen werden hier täglich für Edeka, Rewe und andere Händler bewegt, erzählt Schröder. Die meisten kommen und gehen per Lkw, einige Brauereien liefern über den nahen Güterbahnhof. Im Sommer, wenn die Menschen durstig sind, seien es fast doppelt so viele Kästen, die Schröder und seine Kollegen bewegen müssen. Im Dreischicht-System herrscht ständige Geschäftigkeit. Freitags seien die Lkw-Fahrer etwas ungeduldiger, wollen möglichst schnell ihre Wagen be- und entladen haben. Es ist an den Staplerfahrern, wann sie ins Wochenende können.

Kommt man sich bei dem vielen Hin- und Her nicht ins Gehege? „Man muss seine Augen schon überall haben“, nickt Tino Schröder. Verbogene Gabeln habe es auch schon gegeben. „Im Moment könnte ich mir keinen besseren Job vorstellen", sagt er voller Überzeugung, während er die verladenen Paletten im Computer vermerkt. Nachdem der Lkw-Fahrer auf dem Lieferschein unterschrieben hat, geht es gleich weiter zum nächsten. Auch hier landen die Paletten flink aber butterweich auf der Ladefläche – als hätte Tino Schröder immer noch Gläser statt Kästen auf der Gabel.

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