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Potsdam-Mittelmark: Rehbrücker Forscher entdecken Diabetes-Gen

Am Deutschen Institut für Ernährungsforschung wurde ein mutiertes Gen isoliert, das vor Übergewicht und Diabetes schützen kann

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Nuthetal - Ein Wissenschaftlerteam vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Bergholz-Rehbrücke (DIfE) hat ein mutiertes Gen entdeckt, das möglicherweise vor Diabetes und Übergewicht schützen kann. Nach Auskunft des Institutes ist es dem Team um Hadi Al-Hasani und Hans-Georg Joost gelungen, erstmals eine natürliche Mutation in einem Gen zu identifizieren, die Mäuse trotz fettreicher Kost schlank hält und zugleich einen Schutz vor Diabetes bildet. Die Aufklärung der Genfunktion schaffe nun eine Basis für die Entwicklung neuer Therapie- und Präventionsansätze. „Denn auch beim Menschen kann das betreffende Gen mit Übergewicht und Diabetes in Verbindung gebracht werden“, so die Forscher, die ihre Arbeit heute im Fachjournal „Nature Genetics“ veröffentlicht haben.

„Nicht nur wie viel Nahrung wir aufnehmen, sondern auch wie wir sie in unserem Körper umsetzen, ist entscheidend für die Entstehung von Übergewicht und Diabetes“, erklärte Hans-Georg Joost, wissenschaftlicher Direktor des DIfE die Funktion des Tbc1d1-Gens. Die Mutation des Gens bewirke eine gesteigerte Fettaufnahme in die Skelettmuskulatur und kurbelt gleichzeitig die Fettverbrennung an. Die Muskeln würden aber mehr Fett und weniger Glukose als Energiequelle nutzen. „Das normale Tbc1d1-Gen erfüllt eine sehr wichtige Funktion im Fett- und Glucosestoffwechsel und spielt so eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Energiestoffwechsels“, erklärte Hadi Al-Hasani.

Da Mensch und Maus genetisch sehr ähnlich sind, nutzen die Forscher des DIfE Mausmodelle, um Gene zu identifizieren, die an der Entstehung von Übergewicht und Diabetes des Menschen beteiligt sind. Wenn ein „Übergewicht-Gen“ gefunden wird, das bei beiden Spezies eine Rolle spielt, könnten die Wissenschaftler seine Funktion und die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen am Tiermodell unter kontrollierten Bedingungen erforschen. Am Menschen sind solche Studien oft aus ethischen und praktischen Gründen nicht möglich. „Die am Tiermodell gewonnenen Ergebnisse lassen sich nutzen, um neue Medikamente zur Behandlung von Fettsucht und Diabetes zu entwickeln“, so das Institut. Denn das Tbc1d1-Gen gibt es auch beim Menschen.

Allerdings sagte DIfE-Sprecherin Gisela Olias den PNN, dass es ein langer Weg bis zu einer Pille gegen Fettsucht sei. Auch sind unerwünschte Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen. Nun müsse erst einmal eine Substanz gefunden werden, die das entsprechende Eiweißenzym in dem Gen blockiert, und so den Fettstoffwechsel ankurbelt. Ergebnis davon wäre, das mehr Fett als Zucker in den Muskeln verbrannt wird – fettes Essen legt sich nicht mehr auf die Hüften.

Für die Forschung sei die Entdeckung allerdings ein sehr wichtiges Ergebnis. „Sie wirft mehr Licht auf grundlegende Mechanismen der Fettsucht, über die bislang nur sehr wenig bekannt war.“ In Deutschland sind nach Auskunft des Forschungsinstitutes 66 Prozent der Männer und 50,6 Prozent der Frauen übergewichtig oder fettsüchtig. In den USA würden nach jüngsten Meldungen sogar dreiviertel der Erwachsenen zu viel auf die Waage bringen. Übergewicht erhöht in einem erheblichen Maß das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Darmkrebs und Typ-2-Diabetes.

Derzeit sind den Angaben zufolge mehr als sieben Prozent der Deutschen an Diabetes erkrankt. Die Forscher befürchten, dass in den nächsten Jahren durch die steigende Anzahl Übergewichtiger noch zunehmen wird. Für Diabetes spielen nach Auffassung der Forscher vermutlich mehr als 100 Gene eine Rolle. „Nur sehr wenige dieser Gene und Varianten sind bislang bekannt“, heißt es vom DIfE. Zudem würden sie ein funktionell interagierendes Netzwerk bilden, dessen einzelne Komponenten beim Menschen nur schwer zu identifizieren und zu untersuchen sind. Jan Kixmüller

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