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Potsdam-Mittelmark: Rettungswesen: Wirbel in der Koalition
Forderungen nach kommunalem Rettungsdienst werden lauter. Unterstützung kommt aus dem Bundesrat
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Potsdam-Mittelmark - Etappensieg für die Befürworter eines kommunalen Rettungsdienstes im Landkreis: Die zuletzt heiß diskutierte Neuausschreibung an private Träger ist jetzt vom Landratsamt vorerst zurückgezogen worden. Anlass ist ein aktueller Beschluss des Bundesrates, in dem sich auch die Länderchefs gegen die Privatisierung des Rettungswesens aussprechen. „Die Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit ist eine Kernaufgabe der Daseinsvorsorge“, heißt es da. Lege man diese Aufgabe aus Kostengründen in private Hände, würde dies massive Qualitätsverluste mit sich bringen, so die Befürchtung der Länderkammer.
Wie berichtet laufen in Potsdam-Mittelmark die Verträge mit den drei privaten Rettungsdiensten, welche die 16 Wachen im Landkreis betreiben – das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter und die Promedica GmbH – Ende nächsten Jahres aus. Die oppositionelle Linke sieht jetzt die Gelegenheit, einen kommunalen Dienst ins Leben zu rufen. „Auch wenn zusätzliche Kosten auf den Kreis zukommen, sollten uns diese nicht davon abhalten, dafür Sorge zu tragen, dass in Zukunft gut ausgebildete, engagierte und zufriedene Rettungssanitäter und -assistenten ihren Dienst versehen“, so Fraktionschef Thomas Singer.
Das Thema hat jetzt aber auch die SPD gespalten: Während ein Teil der Kreistagsabgeordneten zu den Koalitionspartnern CDU, FDP und FBB sowie zum eigenen Landrat hält, fordern andere ausdrücklich einen Kreis-Rettungsdienst – ob nun als Teil der Verwaltung oder als kommunale GmbH. Die Sozialdemokraten des Ortsvereins Werder (Havel) wollen dazu sogar einen Beschluss innerhalb der Kreis-SPD erwirken. Vor allem jüngere Rettungsbedienstete würden bei den Privaten zu wenig verdienen. „Sie sind für 30 Stunden angestellt, müssen aber unbezahlte Zusatzschichten fahren“, so der SPD-Abgeordnete Joachim Lindicke. Mit ihrem zum Teil viel zu geringen Einkommen könnten sie sich nicht einmal eine Berufsunfähigkeitsversicherung leisten.
Lindicke war es auch, der auf der Sitzung des Kreisausschusses am Donnerstagabend den Bundesratsbeschluss vorlegte – und damit Kreisverwaltung und Koalition kalt erwischte. „Es ist eine neue Erkenntnis und wir müssen sehen, wie wir weiter verfahren“, sagte gestern Debra Reußner, Leiterin des Fachbereiches für Ordnung und Sicherheit im Landratsamt. Die Verwaltung wolle sich erneut mit den momentanen Trägern beraten und auch Erfahrungen aus anderen Kreisen einholen. Bis spätestens zum Jahresende müsse aber eine Entscheidung gefällt werden, sagte sie. Reußner unterstrich erneut, dass die Verwaltung mit der Arbeit der momentanen Rettungsdienste sehr zufrieden sei.
Auch CDU-Fraktionschef Rudolf Werner versprach, die „neuen Aspekte“ zu berücksichtigen. Am Ziel, den Rettungsdienst auch künftig in private Hände zu legen, halte seine Fraktion aber fest, unterstrich er. Die Mehrheit dafür sehe er im Kreistag und nach den aktuellen Diskussionen werde sie vielleicht sogar noch größer. Laut FBB-Fraktionschef Wolfgard Preuß habe der SPD-Vorstoß die Koalition durcheinandergewirbelt. „Aber wir sind weiterhin dafür, dass der Rettungsdienst vergeben wird. Der Kreis muss nicht alles selbst erledigen“, sagte er.
Der Werderaner SPD-Mann Lindicke sieht indes durch den Beschluss des Bundesrates wenig Spielraum und fordert ein Umdenken innerhalb seiner Partei und der Kreistagskoalition. „Es geht um die Mitarbeiter – und darum, die Qualität des Rettungsdienstes im Landkreis weiter zu gewährleisten.“Thomas Lähns
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