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Potsdam-Mittelmark: Rocklegenden zwischen Bürofassaden

Jung und Alt strömte zum 16. Teltower (Alt-)Stadtfest ins Techno Terrain

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Jung und Alt strömte zum 16. Teltower (Alt-)Stadtfest ins Techno Terrain Von Kirsten Graulich Teltow – Bereits am Donnerstag wummerte es durch die Doppelfenster der Büroetagen in der Teltower Rheinstraße. Bumbum–Bumbum. Die Soundchecks brachten auch den Asphalt zum Vibrieren und im nahe gelegenem Einkaufszentrum Oderstraße hörte sich das wie Buschtrommeln an, die wichtige Nachrichten übermitteln. In der Tat kündete der Lärm eine Neuigkeit an: das 16. (Alt)-Stadtfest. Diesmal fand es allerdings auf dem Techno Terrain - dem größten innerstädtischen Gewerbepark des Landes Brandenburg statt - denn in der Altstadt wird gebaut. So drängten sich die Buden, Fahrgeschäfte und Stände von Händlern und Schaustellern fast ein bisschen trotzig zwischen die glänzenden Bürofassaden und manchmal drangen Musikfetzen bis hinauf zu den Fenstern, hinter denen manch Angestellter von Zeit zu Zeit einen Blick riskierte auf das Spektakel da unten auf der Straße. Noch bevor Bürgermeister Thomas Schmidt am Freitagnachmittag den traditionellen Bieranstich zelebrierte, schlenderten bereits viele Neugierige durch die Händlermeile – so viel Leben war ein ungewohnter Anblick in dieser Straße, die sonst mehr von parkenden und durchfahrenden Autos frequentiert wird. Während gegen Abend oben in den Büros immer mehr Lampen ausgeschaltet wurden, tauchten Scheinwerfer die Hauptbühne abwechselnd in gelbes, blaues und rotes Licht. Auch Teltower Nächte können lang sein. Spätestens mit den ersten Klängen der Kultband „Keimzeit“ kam am Freitagabend richtig Stimmung auf. Zu hören gab es die Songs der neuen CD „Privates Kino“ aber auch – wie von den Fans immer wieder gefordert – die alten Hits von „Kling,Klang“ über „Maggie“ bis „Singapur“. Sänger Norbert Leisegang weiß genau, wie er sein Publikum begeistert. Der Funke sprang über und bis zur letzten Zugabe wurde mitgesungen. Großer Massenandrang dann am Sonntagabend beim Konzert der legendären Band „Karat", die als emotionales Feuerwerk von der Veranstaltungsagentur „brando“ angekündigt wurde. Gekommen waren Jung und Alt, viele mit ihren Kindern und gleich nach den ersten Titeln tanzten unten vor der Bühne einige Fans. Auch die alten Texte hatten die meisten noch im Ohr und so schallte es wie ein Chor zur Bühne hinauf: „Du ich lebe noch, mir gefällt jeder Augenblick, ich liebe jede Stunde". Obwohl Sänger Claudius Dreilich erst seit kurzem in der Band ist, wurde er vom Publikum sofort angenommen, auch weil seine Stimme Erinnerungen wach hält an seinen Vater, den Karat-Sänger Herbert Dreilich, der im Dezember 2004 an Krebs verstarb. Noch vor einem Jahr habe er Möbel verkauft, verriet der junge sympathische Sänger seinem Publikum und seine Musikerkollegen verkündeten unter großem Jubel: „Wir haben einen Sohn bekommen.“ Ein Grund zum Feiern für Publikum und Band, die zudem in diesem Jahr 30. Bühnenjubiläum hat. Begeisterung aber auch vor der kleinen Rundschaubühne, auf der sich junge HipHop Bands, Rocker und Punk-Musiker verausgabten, während nebenan die waghalsigsten Manöver auf Skateboarden und BMX-Rädern absolviert wurden. Einen Namen sollten sich Veranstalter künftiger Teltower Feste auf jeden Fall merken: Babsy Ziersch. Die junge Musikerin aus Ludwigsfelde, die Moderator Tilo Bonow am Montag auf der Rundschaubühne präsentierte, ist Absolventin der Musikschule „Hanns Eisler“ und begeisterte mit ihrer Jazzstimme das Publikum. Insgesamt 43 Vereine nutzten am letzten Festtag die Plattform „Markt der Möglichkeiten“, um sich vorzustellen. Doch das zugewiesene Areal für die Ehrenämtler auf einem Parkplatz neben einer Einbahnstraße bot auch Anlass zu Kritik. „Auch wenn der Markt der Möglichkeiten in eine Sackgasse verfrachtet wurde, heißt das noch lange nicht, dass nun auch das Ehrenamt geparkt wird", stichelte Moderator Tilo Bonow. So wie er vermissten auch einige Teltower die Handwerkermeile der Historienstraße. „Das Flair der Altstadt mit der Kirche fehlt“, stellte der Teltower Handwerksmeister Dieter Leßnau fest, dass inzwischen wieder der Umsatz im Vordergrund stünde. „Vielleicht sollte man beim nächsten Mal über Eintrittsgelder nachdenken“, meinte er. Ganz anders war die Resonanz, die Bürgermeister Schmidt erfuhr. „Die Leute sind begeistert und haben mir gesagt, es sollte fortan jedes Jahr hier stattfinden“, grübelt der Bürgermeister bereits, ob nun auch ein neuer Name für das Fest gefunden werden muss.

Kirsten Graulich

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