Von Thomas Lähns: Rückwärts durch die Stadtgeschichte
Potsdamer Studenten präsentieren Konzept für Erlebnismuseum in Alter Posthalterei / Eröffnung 2011
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Beelitz - Die Tür in der Wand führt ins Innere einer gelben Kutsche. Neugierige sollten sich festhalten, denn wenn der Postillon ins Horn stößt, geht die Reise los. Auf holprigen Wegen werden die Passagiere durchgeschüttelt, während vorn die Pferde wiehern und rechts die Landschaft vorüberzieht – scheinbar. Denn in Wirklichkeit bewegt sich der Postkutschensimulator nicht vom Fleck, er steht immer noch im der Alten Posthalterei gegenüber dem Beelitzer Rathaus. Das Gerät ist eine von viele Ideen, die Studenten der Fachhochschule Potsdam (FHP) für das geplante Beelitzer Museum entworfen haben. Ihr Gesamtkonzept haben sie jetzt erstmals im Hauptausschuss vorgestellt.
Anfang 2011 soll das einst als Postrelaisstation genutzte Haus nach umfangreicher Sanierung als Erlebnismuseum eröffnet werden, kündigte Manfred Fließ von der Stadtverwaltung an. Künftige Besucher werden viel Zeit mitbringen müssen, denn alle Facetten der Spargelstadt vom Ackerbau bis zu den Heilstätten sollen hier Platz finden. Die Zahl der Räume wächst von ehemals zwei auf 25 an, die früheren Stallungen sollen mitgenutzt werden. Die Besucher werden nicht nur Exponate bestaunen, sondern tausend Jahre Stadtgeschichte mit allen Sinnen erleben – wie im Kutschensimulator. „Wir wollen es so anschaulich wie möglich machen“, erläuterte FHP-Dozent Detlef Saalfeld, der die Studenten im Rahmen eines Seminars betreut, gegenüber den PNN.
Im Mittelpunkt des Projektes steht die Postgeschichte, und dafür bietet das 1789 errichtete Gebäude einen idealen Rahmen. Beelitz lag einst an der Poststrecke von Berlin nach Leipzig. Hier, auf halbem Weg, konnten frische Pferde angespannt und Passagiere eingeladen werden. Darauf haben die Studenten aufgebaut: Die sogenannte Expedition wird dem Konzept zufolge auch künftig wieder als Empfang dienen und mit Pult und Luke zum Flur ausgestattet werden. Hier können Eintrittskarten verkauft und Audioguides an Museumsbesucher ausgegeben werden. In einem Regal werden Uniformen ausgestellt. Die Passagierstube gegenüber atmet mit Originalmöbeln wie Tischen, Schemeln und einer Lampe den Geist vergangener Zeiten. Ein überliefertes Beschwerdebuch liegt aus, Zitate kommen aus einem Lautsprecher an der Wand. Aus weiteren dringt das atmosphärische Gemurmel unsichtbarer Passagiere. Ein Beamer projiziert Bilder, im Raum dahinter ist ein Café geplant.
Auf der anderen Seite, hinter dem Empfang, geht es dann auf in Richtung Stadtgeschichte, und zwar rückwärts. So gelangt man über Räume zu eher jüngeren Themen wie der Garnisonstadt Beelitz – auch eine Soldatenstube ist geplant – oder den Vereinen ins Obergeschoss, wo historische Beelitzer Gewerke wie die Müllerei und das Brauereigewerbe zum Teil mit modernsten Mitteln veranschaulicht werden. Im letzten Raum kommt man dann bei der Gründungsurkunde der Siedlung „belizi“ aus dem Jahre 997 an.
Unterstützt werden die Beelitzer auch vom Museumsverband Brandenburg. „Es gibt nur noch zwei Poststationen im Land, die noch so gut genutzt werden können“, erläuterte die Vorsitzende Susanne Köstering gegenüber den PNN. Die andere befindet sich in Wusterhausen (Dosse), an der Strecke Berlin-Hamburg. Beide würden sich deshalb gut ergänzen. Die Beelitzer Kombination aus Stadt- und überregionaler Postgeschichte würde künftig mindestens 8000 Besucher pro Jahr anlocken, prognostizierte Susanne Köstering.
Nachdem bereits vor über einem Jahr für eine halbe Million Euro die Fassaden saniert worden sind, laufen in der Alten Posthalterei nun noch Innenarbeiten. Zurzeit werden Wandmalereien von 1830 in der Durchfahrt freigelegt und restauriert. Im Sommer könnte schon mit der Umsetzung des Konzeptes begonnen werden. Vielleicht wird irgendwann sogar die alte Strecke mit Kutschen-Nachbauten wiederbelebt – und damit eine weitere Vision von Manfred Fließ in die Tat umgesetzt.
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