
© Andreas Klaer
Von Hagen Ludwig: Sanddorn erobert den globalen Markt
Experten aus aller Welt beraten in Potsdam über die Zukunftschancen der kleinen Wildfrucht
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Werder (Havel) / Potsdam - Als Christine Berger 1993 in der ehemaligen Gärtnerei Petzow mit der Verarbeitung von Sanddorn begann, war die Frucht in weiten Teilen Deutschlands noch unbekannt. Ursprünglich sollten die kleinen Beeren nur als Vitaminspender in der Verarbeitungsindustrie eingesetzt werden. Mittlerweile ist aus dem Petzower „Ein-Frau-Betrieb“ ein mittelständisches Unternehmen geworden. Anbau, Produktentwicklung, Verarbeitung und Vertrieb liegen hier in einer Hand. Hergestellt werden aus Sanddorn unter anderem Säfte, Konfitüre, Öle, Sirup und Sonnenschutz. Insgesamt wurden im Fruchterlebnisgarten Petzow in den vergangenen Jahren über 50 Produkte aus Sanddorn entwickelt.
Diese Kreativität von Unternehmern sei es gewesen, die die „Zitrone des Nordens“ in Brandenburg aus ihrem Nischendasein geholt habe, sagte Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) gestern zur Eröffnung des 1. Europäischen Sanddornkongresses in Potsdam. Nach Angaben des Sanddorn-Vereins wurden in Brandenburg im vergangenen Jahr 450 Tonnen Sanddorn-Beeren verarbeitet – im Jahr 2000 waren es lediglich 40 Tonnen. In Potsdam beschäftigen sich jetzt 92 Teilnehmer aus 15 Ländern zwei Tage lang mit Anbau, Verarbeitung und Vermarktung der Wildfrucht. Unter den Gästen sind Produzenten, Ernährungswissenschaftler und Biotechnologie-Experten aus Europa, Asien, den USA und Kanada.
Auch im medizinisch-pharmazeutischen Bereich gewinnt der Sanddorn zunehmend an Bedeutung. In Tibet, vor allem auf den Höhen des Himalajas, in der Mongolei, in China und Russland kennt man schon sehr lange die heilenden Kräfte des Sanddorn-Fruchtfleisch-Öls. Es wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. In Russland wird es traditionell auch bei Diabetes und Herzerkrankungen eingesetzt. Es gilt als cholesterin- und blutdrucksenkendes Mittel. Insgesamt 46 Sorten der gesunden Wildfrucht gebe es zurzeit in Russland, berichtete Yuri Zubarev vom weltweit größten Institut zur Sanddornforschung in Barnaul. Bisher wurde in Russland aus der Frucht vor allem das Öl gewonnen – jetzt wolle man Erfahrungen bei der Herstellung von Saft- und Saftprodukten sammeln, sagte Zubarev. Auch der englische Obstbauexperte David Eagle sieht für den Sanddorn ein großes Potenzial auf dem wachsenden Gesundheits- und Wellnessmarkt. In seinem Heimatland sei dafür bei den Verbrauchern jedoch noch große Überzeugungsarbeit zu leisten. Abgestimmte und gezielte Marketingstrategien seien notwendig. Ein Vorbild könnte die weltweit erfolgreiche Vermarktung der Cranberries sein
Kongressteilnehmer berichteten, dass in vielen Ländern vor allem süßere Sorten des Sanddorns bevorzugt werden. Auch für Deutschland sei das eine Option, sagte Thomas Mörsel, Präsident des Sanddorn-Vereins, der den Kongress in Potsdam ausrichtet. Mit Sanddorn als Tafelfrucht könnte zusätzliches Kundenklientel gewonnen werden. Priorität würden jedoch Sorten mit herb-fruchtigem Geschmack behalten.
Einig waren sich die Teilnehmer der Konferenz darin, dass sich für den Sanddorn ein globaler Markt entwickle und dafür einheitliche Qualitätsstandards vom Anbau bis zur Ladentheke erarbeitet werden müssten. Für Deutschland gelte es, die international führende Rolle auf dem Gebiet der Verarbeitungstechnologien zu sichern und auszubauen, so Mörsel.
Sanddorn-Pionierin Berger gehen die Ideen indes nicht aus. In diesem Jahr gab es die Goldmedaille der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) für den Fruchtaufstrich Sanddorn-Ingwer und den Saft „Sandokan pur“.
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